Jane Monheit Quartet | 09.02.2001

Donaukurier | Reinhard Köchl
 

So etwas hat das Neuburger „Birdland“ in seiner 42-jährigen Geschichte wahrlich noch nicht erlebt: Ein platzgreifendes TV-Team, umher wuselnde Fotografen von Nachrichtenmagazinen, Kartenvorbestellungen, die den kleinen Jazzclub leicht dreimal hätten ausverkaufen können und draußen immer wieder abgewiesene Menschen, die schnell noch einen Blick in den proppenvollen Keller unter der Hofapotheke erheischen wollen.

Sie sei eine „atemberaubend schöne Sängerin“ hieß es im Programm über die erst 23-jährige Jane Monheit aus Long Island, und genau darin mag vermutlich auch der Grund für diesen seltsam-inflationären Run auf die in Deutschland eigentlich noch völlig unbekannten Newcomerin gelegen haben. Wenn liebreizende Weiblichkeit einmal auf eine überdurchschnittliche Portion künstlerische Begabung trifft, dann weckt dies offenbar sogar die Neugier bei notorischen Desinteressierten. Und wer neben den Augen auch noch seine Ohren für die nicht selten völlig unpassenden Bemerkungen des Publikums aufsperrte, der registrierte eine gewaltige Erwartungshaltung vor, aber auch jede Menge Chauvinismus während des gut zweistündigen Gigs.

Dabei ging es doch eigentlich in erster Linie um Musik, um ein Organ, das ganz ohne Zweifel zu den hoffnungsvollsten des aktuellen Business zählt. Aber Jane Monheit tut selbstverständlich auch das ihre, um primär als Glamourgirl in Erinnerung zu bleiben. Jede Bewegung wirkt wie von ihrer Managerin Mary Ann Tropper (die auch Diana Krall zu Grammy-Ruhm pushte) einstudiert, das Zurückwerfen der langen, kastanienbraunen Haare, das laszive Kreisen der Hüften sowie das Bühnenoutfit erinnern oft mehr an einen Catwalk, als an eine Jazz-Performance.

Hinter all dem – und dies sollten gerade die ach so geschwätzigen Voyeure mit ihren frauenfeindlichen Witzchen berücksichtigen – steckt ein schüchternes, junges Mädchen, das am Anfang seiner Karriere Fuß fassen will. Zwar lässt sich über manches der dabei verwendeten Mittel durchaus streiten. Aber gerade Jane Monheits gleißender Ausdruck, ihre erstaunliche Intonationssicherheit und ihre bemerkenswerte Vertrautheit mit dem American Songbook rechtfertigen durchaus die meisten der verteilten Vorschusslorbeeren.

Das Bemühen, sich an Wegweisern zu orientieren, darf ihr dabei niemand verübeln. Wenn sie sanft über Antonio Carlos Jobims Harmoniewogen in „Dindi“ hinweg gleitet, schimmert ein winziger Hauch von Astrud Gilberto durch. Bei „They can`t take that away from me“ coloriert Monheit die Erkennungsmelodie von Ella Fitzgerald mit einem hoch entwickelten, feinen Gespür für Eigenständigkeit und bietet dem eloquent phrasierenden Tenorsaxofon von Paul Boothe überaus geschickt in Judy Garlands „Over the Rainbow“ Paroli.

Es sind die einfachen Strukturen, in denen ihr warmer Alt seine ganze Strahlkraft entfaltet. Bestes Beispiel: das fast im Flüsterton mit dem sensitiv agierenden Pianisten David Berkman dargebrachte „Never Never Land”. Unweigerlich verstummen hier alle Nebengeräusche, halten die Zuhörer den Atem an. Endlich greift der lang erhoffte Zauber um sich, mit einem Mal fällt jede Nervosität, alles Künstliche, Täuschende von dieser Frau ab und gibt den Blick auf eines der größten Vokaltalente in der jüngeren Jazzgeschichte frei.

In zehn, 15 Jahren wird Jane Monheit keine Posen mehr brauchen, um Aufmerksamkeit zu erheischen. Dann wirkt nur noch ihre Stimme. Und der Rest ist allenfalls optische Garnitur.