Jahrelang war man von Seiten des Birdland-Jazzclubs hinter ihm her, jetzt endlich ist es so weit und der australische Startrompeter James Morrison ist zum ersten Mal zu Gast in Neuburg. Die Erwartungen sind hoch, der Saal komplett ausverkauft und als „Mr. Multi“, der auch ein exzellenter Pianist und Posaunist ist und überdies ein Plauderer mit knochentrockenem Humor, die Bühne betritt, ist das der Startschuss für eine spektakuläre musikalische Zaubershow, die man so schnell nicht vergessen wird.
Der Mann ist nicht irgendwer. Immerhin hat er die Eröffnungsfanfare für die Olympischen Spiele in Sydney geschrieben und trat vor Queen Elizabeth ebenso auf wie vor den Präsidenten Bill Clinton und Geroge W. Bush. Und nun starten er und seine Band (Libor Smoldas an der Gitarre, Geoff Gascoyne am Kontrabass und Sebastiaan de Krom am Schlagzeug) hier im kleinen Club mit Nat King Cole, Isham Jones und Bennie Moten ins Programm, präsentieren „On The Trail“ aus Bernstein’s „Grand Canyon Suite“ sowie Luiz Bonfá’s „The Gentle Rain“ und enden nach gut zwei Stunden bei Ellington’s „Things Ain’t What They Used To Be“. Das hört sich erst einmal so spektakulär gar nicht an, ist es aber, wenn man bedenkt, was Morrison vor diesem Hintergrund den ganzen Abend über so treibt. Der Mann ist schlicht phänomenal, auf nonchalante Weise virtuos an jedem seiner Instrumente, dabei so locker und scheinbar völlig mühelos. Messerscharfe Intonation, makelloser Ansatz, vornehme, lässige Eleganz und doch enorme Intensität – so präsentieren sich er und seine Band. Und natürlich gibt es keinen Chorus, in dem nicht irgendein Kabinettstückchen Platz hätte.
Morrison’s Truppe weiß selbstverständlich ganz genau, dass es bei einem Konzert nicht nur um Kreativität und Virtuosität geht, sondern auch um gute Unterhaltung. Dafür sorgt vor der Pause Drummer Sebastiaan de Krom, eigentlich ein eher sparsamer Trommler, dafür aber ein personifiziertes Uhrwerk. In seinem herrlich strukturierten Solo explodiert er förmlich und unter seiner Führung wird „John Brown’s Body“, die Hymne der Republikaner im US-Bürgerkrieg, unterwandert von „I Wish I Was In Dixie“ aus dem Lager der Konföderierten. Ein wenig subversiver Humor darf ja durchaus sein, vor allem, wenn er von einem Australier kommt. Nach der Pause liefert Morrison sein Meisterstück, spielt beim „Basin‘ Street Blues“ zeitgleich Klavier und Trompete, soliert parallel auf Trompete und Posaune und entlockt letzterer mehrere Töne gleichzeitig, was ja eigentlich nicht möglich ist, seit Albert Mangelsdorff aber bekanntermaßen ja eben doch.
Natürlich ist das Show. Aber eben eine Art von Show, die scheinbar wie nebenbei stattfindet, weil es sich gerade mal so ergibt und es sich anscheinend für Morrison just in diesem Augenblick gut anfühlt, ein wenig Spaß zu machen, die Art von Show, die nicht im mindesten die enorme Qualität des Programms an sich beeinträchtigt, die auf ihre verschmitzte Art zur Moderation Morrison’s passt, die immer wieder aufblitzt, aber nie zur Hauptsache wird. Ein rundum gelungener Abend also? – Ein spektakulärer! Ein Besucher nach dem Konzert: „James Morrison war im Birdland! Und ich war dabei!“