James Morrison Quartet | 23.04.2022

Donaukurier | Karl Leitner
 

Jahrelang war man von Seiten des Birdland-Jazzclubs hinter ihm her, jetzt endlich ist es so weit und der australische Startrompeter James Morri­son ist zum ersten Mal zu Gast in Neu­burg. Die Erwartungen sind hoch, der Saal komplett ausverkauft und als „Mr. Multi“, der auch ein exzellenter Pia­nist und Posaunist ist und überdies ein Plau­derer mit knochentrockenem Humor, die Bühne betritt, ist das der Startschuss für eine spektakuläre musi­kalische Zauber­show, die man so schnell nicht vergessen wird.

Der Mann ist nicht irgendwer. Immer­hin hat er die Eröffnungsfanfare für die Olympischen Spiele in Sydney geschrie­ben und trat vor Queen Elizabeth ebenso auf wie vor den Präsidenten Bill Clinton und Geroge W. Bush. Und nun starten er und seine Band (Libor Smoldas an der Gitarre, Geoff Gascoyne am Kontrabass und Sebastiaan de Krom am Schlagzeug) hier im kleinen Club mit Nat King Cole, Isham Jones und Bennie Moten ins Pro­gramm, präsentieren „On The Trail“ aus Bernstein’s „Grand Canyon Suite“ sowie Luiz Bonfá’s „The Gentle Rain“ und en­den nach gut zwei Stunden bei Elling­ton’s „Things Ain’t What They Used To Be“. Das hört sich erst einmal so spekta­kulär gar nicht an, ist es aber, wenn man bedenkt, was Morrison vor diesem Hin­tergrund den ganzen Abend über so treibt. Der Mann ist schlicht phänome­nal, auf nonchalante Weise virtuos an je­dem seiner Instrumente, dabei so locker und scheinbar völlig mühelos. Messer­scharfe Intonation, makelloser Ansatz, vorneh­me, lässige Eleganz und doch enorme In­tensität – so präsentieren sich er und sei­ne Band. Und natürlich gibt es keinen Chorus, in dem nicht irgendein Kabi­nettstückchen Platz hätte.

Morrison’s Truppe weiß selbstverständ­lich ganz genau, dass es bei einem Kon­zert nicht nur um Kreativität und Virtuo­sität geht, sondern auch um gute Unter­haltung. Da­für sorgt vor der Pause Drummer Sebast­iaan de Krom, eigent­lich ein eher sparsa­mer Trommler, dafür aber ein personifiz­iertes Uhrwerk. In sei­nem herrlich struk­turierten Solo explo­diert er förmlich und unter seiner Füh­rung wird „John Brown’s Body“, die Hymne der Republikaner im US-Bürger­krieg, unterwandert von „I Wish I Was In Dixie“ aus dem Lager der Konföderier­ten. Ein wenig subversiver Humor darf ja durchaus sein, vor allem, wenn er von einem Australier kommt. Nach der Pause liefert Morrison sein Meisterstück, spielt beim „Basin‘ Street Blues“ zeitgleich Klavier und Trompe­te, soliert parallel auf Trompete und Po­saune und entlockt letzterer mehrere Töne gleichzeitig, was ja eigentlich nicht möglich ist, seit Albert Mangelsdorff aber bekanntermaßen ja eben doch.

Natürlich ist das Show. Aber eben eine Art von Show, die scheinbar wie neben­bei stattfindet, weil es sich gerade mal so ergibt und es sich anscheinend für Morri­son just in diesem Augenblick gut an­fühlt, ein wenig Spaß zu machen, die Art von Show, die nicht im mindesten die enorme Qualität des Programms an sich beeinträchtigt, die auf ihre verschmitzte Art zur Moderation Morrison’s passt, die immer wieder aufblitzt, aber nie zur Hauptsache wird. Ein rundum gelunge­ner Abend also? – Ein spektakulärer! Ein Besucher nach dem Konzert: „James Morrison war im Birdland! Und ich war dabei!“