Jakob Bänsch Quintet | 25.04.2025

Neuburger Rundschau | Reinhard Köchl
 

Da steht dieser junge Musiker auf der Bühne des Neuburger Birdland-Jazzclubs, charmant, freundlich und doch erstaunlich reif, staunt und gesteht voller Respekt: „Dieser legendäre Schuppen hier macht einen schon beim Blick auf die Fotos an der Wand ganz demütig!“ Die Umgebung könne einen aber auch motivieren, schiebt Jakob Bänsch hinterher. Denn er ist intelligent genug, um nicht mit dem Kopf durch die Wand zu wollen. Vielmehr blickt der Trompeter aus Pforzheim, der 2024 den Deutschen Jazzpreis erhielt, gerne auf den reichen Erfahrungsschatz der Vergangenheit zurück, damit er sinnvoll und nachhaltig an der Zukunft des Jazz basteln kann.

Nicht wenige fragen sich an diesem besonderen Abend im rappelvollen Hofapothekenkeller gleich mehrmals: Wie kann ein gerade mal 22-Jähriger nur so spielen? Akkurat, intonationssicher, ausdrucksstark, brillant, technisch am obersten Level, so als wäre er schon seit über drei Jahrzehnten dabei. Und vor allem: voller Tiefe, Wärme und Ideenreichtum. Hier agiert kein seelenloses Wunderkind, das nur Licks oder schnelle „Winner“ zum bloßen Selbstzweck auf einem Instrument abfeuert, das einen schon mal zu zirkusartigen Kunststückchen verleiten kann. Jakob Bänsch erzählt lieber. Aus seiner Trompete fließen Pointen, Bonmots, intelligente, fesselnde Geschichten, unterfüttert von einer wunderbar homogenen Band, die ideal auf dem schmalen Grat zwischen detailliert arrangierten Notengebilden und entfesselten Improvisationen zu balancieren weiß. Zum Glück tendiert diese Ausnahmeerscheinung an der Trompete nicht zum Weichspüler wie heutzutage ein Till Brönner, sein Vorgänger auf dem Hot-Seat des Hoffnungsträgers. Bänsch hat längst seinen eigenen Stil gefunden, klar traditionsbewusst, wie er in der Zugabe mit seinem erklärten Lieblingsstandard „My Foolish Heart“ belegt, aber auch spürbar modern, jung, frisch. Dabei lässt er sich von Charakteren und Themen inspirieren, die ihn persönlich beeindrucken – aus der Literatur, aus Filmen, Serien und der realen Welt. „Mephisto“ lehnt sich an Goethes „Faust“ an, „Kauaiʼoʼo“ ist einem hawaiianischen Vogel gewidmet, während „Maeve“ als groovende, funkige Hommage auf eine toughe Frau daherkommt und der Hauptdarstellerin in der Netflix-Serie „Sex Education“ auf den Leib geschrieben wurde.

Die erklärten Höhepunkte haben sich Bänsch und Co. jedoch für das Finale aufgehoben. Aus vielen inspirierenden, geistreichen und letztlich emotionalen Stücken auf allerhöchstem Niveau ragen „Iroh“, für das der Blockbuster „Avatar“ Pate stand, sowie „Tano“, ein klingendes Denkmal für einen Jedi-Ritter aus „Star Wars“, heraus. Im feinen Duett mit der lettischen Gitarristin Ella Zirina, die spinnwebartige, gefrickelte Soundflächen generiert, bläst Bänsch eines der schönsten Trompetensoli, das je im Birdland erklang. Faszinierend, wie er dann mit Zirinas Gitarre Unisono-Linien generiert, die fast wie ein neues Instrument klingen, während das Piano von Niklas Roever wertvolle harmonische Fundamente legt und Bassist Jakob Obleser sowie Drummer Leo Asal den makellosen Ensemble-Sound zur Perfektion führen. Mal erinnert dieser junge Bursche an Freddie Hubbard, der vor 34 Jahren das bislang längste Konzert im Hofapothekenkeller (sieben Stunden!) absolvierte, mal ähnelt er in seiner dezenten, akkuraten Tongebung Duško Gojković oder in seiner kalkulierten Attack Lee Morgan. Seine Spielwiese stammt jedoch klar aus dem 21. Jahrhundert, weshalb er auch seinen eigenen Ton sampelt und damit so manch lyrisches Intermezzo grundiert – was sich durchaus als eigene, faszinierende Kunstform erweist.

Am Schluss gibt es frenetische Bravo-Rufe für ein Ausnahmetalent, für das die Trompete weit mehr ist als nur ein Instrument. Jakob Bänsch sieht sie als kleines Werkzeug, das einem größeren Ganzen dient: der Musik.