Jakob Bänsch Quintet | 25.04.2025

Donaukurier | Karl Leitner
 

Der Trompeter Jakob Bänsch, im Januar 23 geworden, wird als eines der größten Talente des deutschen Jazz gehandelt. Dass diese Einschätzung nicht von ungefähr kommt, konnte man erst vor kurzem beobachten, als er als Teil der Band der Pianistin Gee Hye Lee im Birdland zu Gast war. Nun steht er erstmalig als Leader seines eigenen Quintetts auf der dortigen Bühne, zu­sammen mit dem Pianisten Niklas Roe­ver, der lettischen Gitarristin Ella Zirina, dem Kontrabassisten Jakob Obleser und dem Schlagzeuger Leo Asal.

Wenn man die Augen schließt und Bänsch zuhört, könnte man glatt denken, der große Freddie Hubbard sei wieder auferstanden, aber um die Rolle des Nachfolgers eines der ganz Großen geht es ihm gar nicht. Sondern vielmehr um einen ganz eigenen Weg, der sich hin­durchschlängelt zwischen Modern mit Schwerpunkt in der ersten Hälfte und Mainstream mit einem Übergewicht in der zweiten sowie einer wunderschönen konventionellen Standard-Bearbeitung von „My Foolish Heart“ in der Zugabe. Es ist nicht einfach, sich mit so jungen Jahren Gehör zu verschaffen in einer Szene, in der bisher Kollegen wie Till Brönner, Joo Kraus oder Nils Wülker den Ton angaben. Mit seinem ersten Al­bum bereits positionierte Bänsch sich unweit der Pole Position und nun stellt er im Birdland die Stücke seines zweiten mit dem Titel „All The Others“ vor, fügt jenen ein paar seiner Kollegen hinzu und entwickelt dabei aus vielerlei Einflüssen aus der Klassik, der Filmmusik und so­gar aus der Literatur einen eigenen Sound. Dazu gehört der Einsatz von di­versen Effekten wie Hall und Sampling ebenso wie das Flirren der Stromgitarre Ella Zirina’s, das mitunter recht knackige Drumming Leo Asal’s, aber auch die un­ter die Haut gehende, behutsame und fi­ligrane Begleitung Roevers.

Bänschs Herangehensweise ist unty­pisch. Er bezieht sich nicht auf berühmte Kollegen aus der Jazzhistorie, sondern auf Dinge, die ihm gefallen, auf Figuren, die ihm wichtig sind. Auf Mephisto etwa in einem Stück gleichen namens, bei „Meave“ auf eine Netflix-Serie, bei „Tano“ auf Star Wars, bei „Iroh“ auf die Online-Plattform Avatar-Wiki. Sie die­nen als Inspirationen gleichermaßen für vertrackte Strukturen, für federnde Groo­ves oder auch deftigere Funk-Rhythmen, aber auch für seine Melodien, die er – technisch brillant und enorm vielseitig – über sie legt. Bänsch erzählt Geschich­ten, zum Beispiel eine mit der Über­schrift „Kauai’o’o“ über einen mittler­weile ausgestorbenen Vogel auf Hawaii, über den er eine You Tube-Doku gesehen hat. Das Tier lebt nun fort als Clip und als Musikstück inklusive seines Rufs, seines hörbaren Flügelschlags, seiner Flugbewegungen.

hDass er und seine Band beispielhaft an einem Strang ziehen, wird auch bei den Stücken hörbar, die nicht von ihm selbst, sondern brandneu sind und von Zirina („August 2024“) oder Roever („Pati­ence“) stammen. Sie fügen sich nahtlos ein in das Gesamtkonzept dieses Kon­zerts, das zwar auf „All The Others“ ba­siert, aber auch schon wieder in die Zu­kunft weist. Wohin auch sonst bei Musi­kern, von denen noch keiner die 30 er­reicht hat, von denen jeder an mehreren Projekten beteiligt und auf Tour ist, aktu­ell eben unter der Leitung Bänschs. Hof­fentlich wird die Band in dieser Konstel­lation auch künftig noch oft unterwegs sein, denn in dieser Besetzung ist dieses Quintett, angeführt von einem Leader dieser Klasse, eine Top-Adresse.