Jack DeJohnette Piano Solo | 06.05.2016

Donaukurier | Karl Leitner
 

Fällt im Jazz der Name Jack DeJohnette und der fällt ziemlich oft denkt jedermann an den berühmten Schlagzeuger, der beteiligt war, als Miles Davis, Bill Evans und Keith Jarrett den Jazz revolutionierten. Dass DeJoh-nette ab und zu als Solist auch Pianoalben veröffentlicht, ist weniger bekannt. Im Neuburger Birdland-Jazzclub stellt er an diesem Abend sein neues vor, das Return heißt, und mit dem er Einblick gewährt in eine Art persönliches musikalisches Fotoalbum, dessen Inhalt ihn und sein Publikum an seine Zeit mit John Abercrombie, Lester Bowie und Eddie Gomez erinnert, an Platten mit Pate Metheny und Herbie Hancock und Aufnahmen mit Joe Lovano und Esmeralda Spalding.

Blättern in alten Alben ist eine sehr persönliche Angelegenheit, De Johnettes Auftritt ist dies auch. Wie selbstvergessen schlägt er die ersten Akkorde an, lauscht ihrem Klang, spürt ihrem Hall nach, Gedanken und Erinnerungen stellen sich ein, melancholische und heitere, Geschichten kehren zurück ins Gedächtnis. DeJohnette versenkt sich in seine Kompositionen, in ältere wie das einfühlsame Indigo Dreamscapes, in das großstädtische Silver Hollow, in Lydia, das seiner großen Liebe seit über 50 Jahren gewidmet ist, in das griffige Exotic Isles.

Gerne gibt er zu, dass er den großen Bill Evans verehrt und sein Umgang mit den schwarzen und weißen Tasten von ihm beeinflusst wurde. Er selbst ist kein Stilbildner diese Rolle gebührt ihm als Drummer dafür aber ein Pianist, dem es im Birdland gelingt, eine Aura um sich, den Flügel und seine Kompositionen aufzubauen. Damit die nicht gestört wird, hat er sich entschlossen, keine Pau-se zu machen. Also bietet er seinem Publikum 140 Minuten am Stück in höchster Konzentration, nimmt sich immer wieder Zeit, sich zu sammeln, neue Wege einzuschlagen, vor sich hinzuträumen, nie aufdringlich oder vorlaut, stets behusam, einfühlsam und mit Bedacht.

Er gibt seinen Stücken Raum zur Entfaltung und seinem Publikum Platz, selbst Assoziationen zuzulassen. Das Auditorium lauscht andächtig, die ganze Zeit über, vermutlich deutlich spürend, dass hier gerade etwas ganz Besonderes, nicht Alltägliches stattfindet. Viele im Saal sitzen da mit geschlossenen Augen. DeJohnette bringt es immer wieder fertig, seine Stücke auch die beiden neuen Dervish Trance und Ode To Satie von innen heraus leuchten, ja, strahlen zu lassen. Man muss sich darauf einlassen, ganz klar, aber tut man dies, ist die Wirkung enorm. Es mag Jazzpianisten geben, die mehr für Aufsehen sorgen, aber vermutlich nur wenige, die einen dermaßen anrühren können wie er bei diesem Konzert. Mancher Birdland-Be-sucher trat nachher mit einem Lächeln im Gesicht den Heimweg an.