International Hot Jazz Quartet | 18.03.2023

Neuburger Rundschau | Peter Abspacher
 

Im Gänsemarsch zogen sie auf die Bühne, die vier Musiker des International Hot Jazz Quartet – gut sitzender Anzug, blütenweißes Hemd und die Krawatten perfekt gebunden. Für die Zuhörer im voll besetzten Birdland-Keller ist damit klar: Das hier ist eine seriöse Veranstaltung, Eleganz und Können sind zu erwarten, nichts wirklich Wildes und Exaltiertes. Die Erwartung wird mehr als eingelöst: Die vier Jazzer bieten Entertainment auf oberstem Niveau, sie entfalten den noch immer anhaltenden Zauber teils über 100 Jahre „alter“ Dixie- und Swing-Klassiker auf eine frische, lockere Art, aber im Detail hoch konzentriert.

Wir wollen uns einfach gemeinsam einen schönen Abend machen, so sagt es der Klarinettist und Saxofonist Engelbert Wrobel gleich zu Beginn. Ein scheinbar simples Motto, aber eben nicht so einfach umzusetzen. Um den New-Orleans-Sound aus den 1920er und 1930 Jahren oder den Harlem-Swing mit vielen „Schlagern“ von Louis Armstrong oder Roy Eldrige und manchmal auch von George Gershwin zum immer neuen, unverwüstlichen Jazz-Leben zu erwecken, ist echte Kunst nötig, technisch wie musikalisch.

Und genau das bieten die vier Herren, Engelbert Wrobel auf dem Saxofon und mit der Klarinette, der Trompeter Duke Heitger, Paolo Alderighi auf dem Bösendorfer-Flügel und Bernard Flegar am Schlagzeug. Und zwar, was durchaus nicht bei jeder Quartett-Besetzung selbstverständlich ist, absolut auf Augenhöhe. Da gibt es keinen wirklichen Leader. Diese Qualität des Zusammenspiels wird schon im allerersten Stück beispielhaft zelebriert.

Im Song „Strike up the band“ von G. Gershwin stellen die vier Musiker ihre Soli mit technischer Bravour und musikalischer Grandezza locker und fast flockig in den Raum. So ist die ganze Combo im Handumdrehen auf Betriebstemperatur. Die Zuhörer spüren, wie der Hase an diesem Abend läuft, und sie freuen sich darauf. Immer wieder gibt es Kostproben dieser elegant-frischen Interpretationen, mit perfekt groovenden Unisono-Miniaturen von Klarinette, Trompete und Klavier, mit einem dezent-präsenten Schlagzeuger im Hintergrund.

Die Bläser und der Mann am Flügel brillieren – mit einem Lächeln auch wenn es ziemlich anspruchsvoll wird – in ihren Soloeinlagen. Und der Schlagzeuger ist plötzlich mit einem Klasseauftritt zur Stelle, ehe er wieder einen Schritt zurücktritt und mit lockerem Händchen den Grund-Sound in Rhythmus und Dynamik zum Besten gibt. So lässt sich zum Beispiel der Song „Rachel`s dreams“, den Benny Goodman seiner Tochter widmete, in allen Feinheiten genießen. Auch hier: Volle Konzentration bei aller Leichtigkeit des Spielens. Denn man muss schon ziemlich gut, sagen wir traumhaft, mit seinem Instrument umgehen können, um dieses Stück so zu bringen.

Eine Herausforderung spezieller Art wurden die Gesangspassagen in einigen Songs von Glenn Miller oder Louis Armstrong. Der Sänger und Trompeter Duke Heitger hatte noch zwei Tage vor dem Birdland-Konzert überhaupt keine Stimme, sie war einfach weg und krächzte mehr als dass sie geklungen hätte. Ganz auf der Höhe war Heitger auch im Birdland noch nicht, aber auch hier zeigte sich die musikalische Klugheit dieses Ensembles. Heitger konnte nicht in full power gehen, er ging mit spürbarer Vorsicht ans Werk, glich das aber mit Intensität im Ausdruck eindrucksvoll aus. Bei der Zugabe „Oh when the saints …“ war Heitger anzumerken, dass er nicht mehr lange hätte weitersingen können. Aber das spielte keine Rolle, dieser Jazz-Schlager wurde in der frechen, originellen Version dieser Band ohnehin zu einem Kabinettstück.