Hugo Siegmeth Quintet | 06.10.2000

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Mit dem Hugo Siegmeth Quintet präsentierte sich erneut eine vielversprechende Nachwuchsformation aus dem Münchener Raum motiviert und unverbraucht im Neuburger Birdland Jazzclub. Der amerikanische Trompeter Bobby Shew sorgte dabei für das notwendige internationale Flair, ohne das es deutschen Newcomern im amerikanisch dominierten Jazzgeschäft immer noch schwer fällt die verdiente Beachtung zu finden.

Hugo Siegmeth imponiert am Tenorsaxophon mit kantigem erdig-warmem Sound, flüssiger Phrasierung und einem Feuer, dessen Flammen unvermittelt aus dem Dachstuhl lodern können. Auch als Komponist zeigt er Persönlichkeit. Das traumhaft visionäre „Kaul“, inspiriert durch einen Weiher im heimatlichen Banat, zieht lautmalerische Kreise durch´s grüne Algengebilde, die im Wasser schweben und ihre Geheimnisse nur dem entbergen, der sich mit der entsprechenden Behutsamkeit annähert. „Cold Shower“ dagegen ist wahrlich nichts für Warmduscher (was auch immer dieser Ausdruck meinen mag). Martin Probst am Schlagzeug bleibt banddienlichem Spiel treu, bereichert durch leise Zwischenbemerkungen ebenso wie durch eruptive Rolls und dumpf grollende Verwerfungen. Harry Scharfs Bass lässt nichts anbrennen, in der Ruhe liegt die Kraft. Tizian Jost zeigt sich am Piano mit swing, bewegten Klangschichtungen und abwartend sich entwickelnden Läufen von expressiver Gestaltungskraft und intellektueller Reife. Special Guest Bobby Shew identifiziert sich sichtlich mit dem Material, das ihm die vier Jungspunde da vor´s Horn setzen: „Solche Jobs sind mir eigentlich die wichtigsten, very special“ bekennt er nebenher. So gibt er nicht den großen Zampano, sondern den respektvoll anerkannten Primus inter Pares, dessen Erfahrung zum unstrittigen Bezugspunkt des Gesamtklangs avanciert. Die sauber gesetzte Frontline bei „Vista“, die Homogenität des Quintets bei „Blues on the Corner“, die klar definierten Räume in „Lush Life“, das alles beeindruckt. Doch auch ohne die Hilfe der Vaterfigur werden die vier Münchener ihren Weg finden. Den Freischwimmer haben sie längst in der Tasche.