Hildegunn Øiseth Quartet | 23.02.2019

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Ihre Herkunft kann sie nicht verleugnen. Der Sound des hohen Nordens ist nicht zu überhören in der Musik der norwegischen Trompeterin Hildegunn Øiseth. Gleich das erste Stück sog seine Inspiration aus einem samischen Volkslied, begann mit einer einsam rufenden Trompetenstimme, der sich erst nach und nach, zögerlich, Bass, Schlagzeug und Klavier zugesellten, um dann in ausgelassen tänzerischen Wirbel zu fallen.

Meditativ und bewegt zugleich war die Musik des Quartetts. Aus ganz nach innen gerichteten Momenten entfalteten sich facettenreiche Episoden in flirrendem Leben und Weben, rhythmusbetont, variantenreich, voller Groove und Energie. Immer wieder fanden sie zurück zu beruhigtem Fluss, dessen Mitte der melodische Lyriszismus von Hildegunn Øiseths Trompete bildete. Deren individueller Sound erinnerte stellenweise an Miles Davis, Nils Petter Molvær oder Tomasz Stanko, versammelte je und je die anderen Instrumente um sich und zog seine Bahnen bei aller zupackend aufblitzenden Tatkraft in ruhigem Sog.

Ein besonderes Erlebnis gab sich mit Øiseths Spiel auf dem Bukkehorn, dem überlieferten norwegischen Naturinstrument aus dem Horn einer Ziege, welches die Norwegerin in virtuoser Manier und in den höchsten Tönen erklingen ließ, ganz in der Tradition der Almhirtinnen, die das Bukkehorn einst zu einem richtigen Musikinstrument machten.

Im Hintergrund knüpften der fulminante Espen Berg am Bösendorfer, Magne Thormodsæter am Bass und Per Oddvar Johansen am Schlagzeug jeweils mit sehr beachtlichen solistischen Beiträgen und wohldosierter Leidenschaft ein bunt wirbelndes Klangpuzzle von starker Imagination, mal kantig, mal im Flow, mal in quirliger Brandung, mal in sanfter Brise.

Folklore, Archaik, Avantgarde, neue Musik und Jazz, die Einsamkeit des hohen Nordens und das Getriebe der Metropole, zum Schluss sogar eine Western-Melodie a la Morricone, alles hat Platz in der Musik von Hildgunn Hildegunn Øiseth und schlug sich nieder in einem Konzert von lebensstarker Faszination.