Grünen | 01.03.2019

Donaukurier | Karl Leitner
 

Der Pianist Achim Kaufmann, Robert Landfermann am fünfsaitigen Kontrabass und Christian Lillinger am mit zwei Snaredrums ausgestatteten Drumset ergeben zusammen „grünen“. Der Name hat absolut nichts zu tun mit einer politischen Gesinnung, dafür aber sehr viel mit dem Verb, also mit „gedeihen“, „sprießen“ und „wachsen“. Womit schon mal einiges über die Art der Musik ausgesagt ist, die man an diesem Abend im Neuburger Birdland-Jazzclub geboten bekommt.

Das Trio improvisiert, vorherige Absprachen gibt es zwar, aber sind doch die Ausnahme. Im Grunde wissen die drei Musiker, die sich um herkömmliche Rollenverteilungen und sonstige Konventionen nicht im Geringsten zu kümmern scheinen, selbst nicht so genau, wohin die musikalische Reise im Einzelnen führen wird. Aber weil sie sich natürlich kennen und der eine weiß, wie der andere tickt, ist das Ergebnis zwar zu einem großen Teil von der Eingebung und der gerade vorherrschenden Stimmung abhängig, aber eben nicht komplett dem Zufall überlassen. Jeder verfolgt innerhalb vorab definierter Eckdaten seine eigenen Linien, reagiert aber gleichzeitig auf seine Partner. Die Rolle des Ideengebers und Impulssetzers wechselt permanent, und auch wenn die Band unter dem Namen Achim Kaufmanns gelistet ist, übernimmt jeder mal die Rolle des Bandleaders. Es existieren also durchaus Regeln und Wegbeschreibungen, wie die drei aber damit umgehen, entscheidet der Augenblick.

Man fühlt sich als Zuhörer hineingeworfen in ein tosendes Meer aus Tönen, gefangen in einem ständigen Wirbel, der von den Pirouetten am Piano und dem unbändigen Drive des sensationell guten Christian Lillinger am Schlagzeug ausgeht. Man durchlebt mit dieser Band rhythmisch-klangliche Springfluten, wird mitgerissen von gefährlichen Strömungen und unvorhersehbaren Strudeln und hineingezogen in einem Malstrom aus akustischen Ereignissen. Unaufhörlich sieht man sich neuen Unwägbarkeiten ausgesetzt, ehe man sich unversehens in ruhigeren Fahrwassern wieder findet und die Band einem auf einer der ungemein geschickt in die Szenerie eingebauten Inseln ein klein wenig Orientierung gönnt. Abenteuerurlaube sind spannend. Dermaßen abenteuerliche Stücke, wie die dieses vor Energie, Kreativität und Wagemut nur so strotzenden Trios sind es auch.

Nach dem Konzert wird – wie üblich – der aktuelle Tonträger des Künstlers angeboten. Das ist auch in diesem Abend im Birdland so. Gerade in diesem Fall freilich bietet eine Audio-CD nur die halbe Wahrheit. Man muss diese Band auch sehen, die Möglichkeit haben, all die Abläufe zu beobachten und in direktem Kontakt mit der Musik zu spüren, was da auf der Bühne eigentlich abläuft. Gut, dass es – direkt vor unserer Haustür – einen Club wie das Birdland gibt, wo dies möglich ist.