Hi Voltage | 04.12.2010

Neuburger Rundschau | Barbara Sagel
 

„Mobley war einer der talentiertesten Saxofonisten seiner Generation, ein ausnehmend lyrischer Künstler, der erfinderische Melodiosität mit gespannter rhythmischer Wachheit paarte.“ Dies schrieb der kanadische Musikkritiker Stuart Broomer über den amerikanischen Tenorsaxofonisten Hank Mobley (1930 – 1986). Das oben gepriesene Spiel Mobleys kann man nur noch auf dessen zahlreichen Aufnahmen für das Blue Note Label hören. Den Komponisten Mobley aber – und speziell seine Stücke aus den 60er Jahren – bekamen die Gäste des Birdland auf eindrucksvolle Weise von der Formation „Hi Voltage“ präsentiert, die sich, auf Initiative des Heidelberger Tenorsaxofonisten Frank Runhof in 2005 gegründet, ausschließlich mit dem Repertoire Mobleys befasst. Interessant ist zunächst das Line-Up des Sextetts mit Alt- und Tenorsaxophon, Trompete, Klavier, Bass und Schlagzeug. Der Bläsersatz präsentiert die reizvollen Themen Mobleys, die den häufiger gespielten Standards jener Zeit in Originalität, Schönheit und Spannung in nichts nachstehen. Aus dem betörenden Dreiklang spielt sich der jeweilige Solist hervor. Am Altsaxophon ist das Markus Lihocky aus Frankfurt. Er läuft besonders in seinem Solo zu „Soul Station“ aus dem gleichnamigen Album Mobleys zu mitreißender Form auf und begeistert das Publikum mit extrovertiertem, virtuosem, effektvollem Stil, lustigen Ideen und überdies wunderbarem Sound. Frank Runhof am Tenorsaxophon führt die Zuhörer mit dem ohrschmeichelnden Klang seines Instrumentes und fließenden Läufen in die harmonischen Weiten der Musik. Der Kölner Peter Protschka setzt Glanzpunkte mit der klanglichen Strahlkraft der Trompete und sorgt für den cooleren Sound am Flügelhorn. Hard-Bop, Swing, Bossa. Dingdingdingding oder Dingdiggeding. Der 1940 in Philadelphia geborene Allen Blairman am Schlagzeug verleiht der Gruppe mit seinem in den 60ern geprägten Stil hohe Authentizität und die echte Verankerung in der Zeit Mobleys. Gemeinsam mit Bassist Roland Döringer – beide leben übrigens in Heidelberg – gibt er den Solisten raffinierte rhythmische Kicks und das verlässliche Fundament für ihr Spiel. Jean-Yves Jung komplettiert das Sextett am Flügel. Er ist für den erkrankten Christoph Neubronner eingesprungen. Doch man merkt ihm diesen „Vertreterstatus“ nicht an. Up-tempo Swing oder Ballade, Solo oder Begleitung, hot oder cool. Jungs Hände fliegen über die Tasten und landen immer da, wo es den Zuhörer erfreut und die Sache voranbringt. „Old World, New Imports“ von Mobleys 63er Album „No Room For Squares“ liefert abschließend ein beeindruckendes Beispiel für die Qualität der Musik dieses Komponisten, der mit dem Auftritt von „Hi Voltage“ im Birdland wieder ein wenig mehr aus dem Schatten seiner berühmteren Kollegen herausgetreten ist.