Hermann Breuer Quartet | 24.10.2003

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Mit ihrer Rückkehr nach fünfzehn erfolgreichen Jahren in Holland gewinnt die süddeutsche Jazzszene eine geradlinige Musikerin zurück, die sich allen Versuchungen zu marktgängiger Seichtigkeit erfolgreich entzogen hat. Anlässlich einer Tournee zum bevorstehenden väterlichen Geburtstag war Carolyn Breuer gemeinsam mit ihrem Vater Hermann im Neuburger Jazzclub zu Gast, brachte in musikalischen „Family Affairs“ feinen Postbop auf die Bühne.

Carolyn Breuer, deren Saxophon sogar ihren Namen trägt – sie spielt das „Carolyn Breuer Signature Model“ -, präsentiert sich mit rundem vollem Ton, viel Bauch, warmem Sound und kraftvollem Ansatz als konsequente Vertreterin der reinen Lehre, vereint den Hardbop der Neuen Welt mit der Melodik der europäischen Tradition. Ihre und ihres Vaters Kompositionen orientieren sich an den entsprechenden Standards, bieten den Absprung in anspruchsvolle Soli, zu denen die beiden sich gegenseitig reichlich Raum gewähren. Da präsentieren die flott vorantreibenden „Brushes“ zuerst Hermann Breuer mit einem Solo, das seinen Ruf als international bedeutsamen Posaunisten nur untermauern kann. Breuer zieht alle Register seines Könnens in flüssig-schlüssigen Linien, die er später auch noch durch zweistimmiges Spiel ergänzt. Dem will Tochter Carolyn nicht nachstehen in heißblütig bluesigem Temperament, mit dem sie das Geschehen immer wieder mit ihrem eigenen Kick versieht. Da nimmt sich der „Toast to Another Beginning“ dann gar nicht so sentimental aus wie er angesagt wurde. Im transparenten Line up mit Saxophon, Posaune und der gut eingespielten Rhythmusgruppe (Joost Patrocka, dr, Bart Tarenskeen, b) ergeben sich starke Momente, die ohne Netz und doppelten Boden auskommen. Man hätte den beiden allerdings etwas weniger gegenseitigen Respekt und noch mehr Mut zum Risiko gewünscht, mehr direkte musikalische Interaktion – vielleicht auch Auseinandersetzung – im improvisatorischen Vater-Tochter-Dialog, der andererseits in den jeweiligen Einzelaussagen nichts zu wünschen übrig ließ.

Den Vater zieht es immer wieder von der Posaune ans Piano; im Trio lässt er Herbie Hancocks „Dolphin Dance“ hurtig auf grünen Wellenkämmen spielen, in der „Lyrical Excursion“ frönt er melodiereichem Sentiment. Das gesungene „I’m Old fashioned“ entwickelt in seiner schutzlosen Direktheit ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit und der alte Ray Charles‘ Hit „Halleluja I Love Her So“ lässt zum guten Schluss mit heißem Rhythm’and’Blues die Temperaturen im Keller auf kochende Höhen steigen.