Hendrik Meurkens | 15.10.1999

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Samba Jazz nannte sich die Melange, die Hendrik Meurkens mit seinem Quartett am Samstag Abend im gut besuchten Birdland Jazzclub servierte: Improvisation über brasilianischen Rhythmen, leicht, luftig, romantisch und so recht als letzter Gruß der Sonne vor den unvermeidlichen Nebeltagen geeignet.

Ein bißchen füllig ist er geworden, der Harmonica-Spieler Hendrik Meurkens, und so wie er wirkt auch seine Musik: zufrieden, freundlich, groß, gelassen und so in der Mitte des Mainstream, daß es fast schon geschmäcklerisch wird, fast zu nett um wahr zu sein. Aber sei´s drum, es hat seinen Reiz, allein in der Besetzung mit Harmonica, E-Baß, Piano und Schlagzeug, das Ganze eben mit ganz eigenartiger Ambition: Brazilian Nights. Die beschworene Fröhlichkeit, „Felicidade“ wollte aber von Beginn an nicht recht aufkommen. Das lag auch daran, daß der eigentlich angekündigte Pianist Manfredo Fest in der vergangenen Woche überraschend verstorben war und die Truppe ohne ihn ihre Tournee beginnen mußte. Recht kurzfristig eingesprungen bestritt der Münchener Tizian Jost den Piano-Part. Das gelang ihm angesichts der Situation nicht schlecht. Sein Umgang mit den fast durchwegs wohlbekannten Standards wirkte zwar zu Beginn ein wenig steif und ohne die rechte Inspiration, er brauchte einige Zeit um sich freizuschwimmen. Mit zunehmendem Verlauf jedoch und wohl auch aufgrund des aufmunternden Lobes von Meurkens legte er den Respekt des Ersatzmannes vor den großen Namen ab, entwickelte eigene Persönlichkeit und zeigte eigenständiges Talent. Portinho am Schlagzeug ließ routiniert alles vom Stapel, was brasilianische Sambarhythmen von einem Schlagzeuger erwarten lassen. Zuverlässig wie ein Drumcomputer setzt er die Metren, auf denen sich Meurkens Harmonica und Vibraphon dahinbewegen. Der frischgebackene Baßprofessor Fernando Huergo zeigt, daß auch einem E-Baß Jazz zu entlocken ist, leicht swingend und manchmal schwebend – nur viel zu selten sind diese Momente. Nichts erzeugt wirkliche Spannung, kaum einmal kommt Neugier auf. Das liegt vor allem an Meurkens selbst. Alles ist nett und freundlich, nirgends sind die Ecken und Kanten, die Überraschungsmomente und unerwarteten Ideen zu hören, die wirklichen Jazz entstehen lassen. Da ist es nicht weiter erwunderlich, daß das einzige Stück brasilianische Klassik, „fast ohne Improvisation zu spielen“, das lebendigste des ganzen Abends ist.