Helmut Viertl – Nachruf | 25.01.2023

Neuburger Rundschau | Reinhard Köchl
 

Ohne ihn wäre in Neuburg wahrscheinlich nie einen Ton Jazz erklungen. „Der Helmut konnte wie kaum ein anderer Leute für Musik begeistern“, erinnert sich Manfred Rehm an seinen „Mitverschwörer“, der Ende der 1950er Jahre auch in ihm dieses Feuer entfachte, das bis heute lichterloh brennt.

Helmut Viertl war das, was man einen Rattenfänger nennt. 1956 kam der gebürtige Neumarkter mit gerade einmal 19 Jahren in die Ottheinrichstadt, um am örtlichen Amtsgericht eine Ausbildung zum Gerichtsvollzieher zu durchlaufen. Doch Viertl wollte mehr, als bloß den Kuckuck auf Möbelstücke kleben. Er konnte vorzüglich Vibrafon spielen und besaß außerdem jede Menge Schallplatten, auf denen es den damals noch als revolutionär geltenden Jazz zu hören gab. Damit begann er sukzessive, bei jungen Neuburgern die Neugier auf Swing, Bebop und Cool-Jazz zu wecken und sie schließlich dafür zu begeistern – auch Rehm. 1958 gründeten die beiden den Birdland Jazzclub und Helmut Viertl wurde dessen erster Vorsitzender. Sie organisierten Plattenabende, veranstalteten Gastspiele unter anderem von Albert Mangelsdorff in der Rennbahn, im Café Huber sowie im Stadttheater, Riverboat-Shuffles auf der Donau und Standkonzerte im Hofgarten – bis Viertl 1962 nach Burghausen versetzt wurde und die Aktivitäten des Birdland Jazzclubs allmählich in einen Dornröschenschlaf fielen.

Manfred Rehm war damals noch zu jung, um Verantwortung zu übernehmen – seine Zeit sollte erst 1985 kommen, aber dann mit aller Macht und natürlich dem Rezept seines Ziehvaters Helmut Viertl folgend, möglichst viele Menschen mit dem Virus „Jazz“ zu infizieren. Letzterer setzte inzwischen an der Grenze zu Österreich seine missionarischen Aufgaben fort, gründete in Burghausen ebenfalls einen Jazzclub und rief schließlich 1970 die Jazzwoche Burghausen ins Leben, bis heute eines der langlebigsten und wichtigsten Festivals Europas. Parallel dazu entwickelte sich auch Helmut Viertls erstes Kind, der Birdland Jazzclub Neuburg, unter der akribischen Pflege Manfred Rehms prächtig. Beide Männer waren bis zuletzt befreundet, hielten den Kontakt zueinander und besuchten sich, wann immer dies möglich war.

Nun ist Helmut Viertl am vergangenen Wochenende in Burghausen im Alter von 86 Jahren gestorben.