Heinz von Hermann Quintet | 26.04.2002

Donaukurier | Norbert Schmidl
 

Lag es an den relativ spärlich besetzten Rängen, dass das Heinz-von-Hermann-Quintett im Neuburger „Birdland“-Jazzclub nur recht mühsam in die Gänge kam? Andere Gründe kann man sich eigentlich kaum vorstellen, denn den Musikern ist als Einzelkönnern nur schwer das Wasser zu reichen, wie bei verschiedenen Soli zu erkennen war. Und mit einem Programm, bestehend aus vielen Standards, kann man auch kaum daneben liegen. Denn wie sagte doch der Bandleader: „Man freut sich ja immer, etwas Bekanntes zu hören.“ Ohne den Mief des Angestaubten, frisch ausgepackt beziehungsweise eingepackt in neue Arrangements, eben so, wie Heinz von Hermann (Saxofon, Flöte), Bruno Castellucci (Schlagzeug), Uli Langthaler (Bass), Erwin Schmidt (Piano) und später Judy Niemack (Gesang) ihre Stücke präsentierten.

Dennoch: Es lief zumindest anfangs nicht alles rund. Und so war vielleicht „Come rain and come shine“ bildlich gesprochen das Motto des Abends. Nach zähem Anfang wurden die dunklen Regenwolken zunehmend vertrieben, und die Sonne setzte sich durch. Wobei die Sonne an diesem Abend einen Namen hatte: Judy Niemack. Als die Sängerin nach einigen Instrumentalstücken das Quartett zum Quintett aufstockte, ging es nicht nur zahlenmäßig mit der Band bergauf. Die Amerikanerin, die als erste deutsche Jazzprofessorin am Hanns-Eisler-Konservatorium in Berlin unterrichtet, hatte sich offenbar dafür entschieden, an jenem Abend Unterricht in Sachen Gesang zu geben. Ob Thelonious Monk, George Gershwin oder Miles Davis: Judy Niemack fand immer den richtigen Ton und die passende Interpretation und riss damit auch ihre Mitstreiter mit.

Dass die vier auch ohne die Sängerin auftrumpfen können, bewiesen sie nämlich zu Beginn des zweiten Sets, als sie nach der Pause sofort durchstarteten und auch nicht mehr nachließen, bis die Frontfrau ebenfalls wieder das (gesungene) Wort führte.

In der Schule respektive an der Uni haben wir ja gelernt, dass der Transfer gelernter Dinge auf andere Gelegenheiten wichtig ist. Judy Niemack hat im „Birdland“ den Transfer im doppelten Sinn leicht gemacht. Denn vor allem im zweiten Teil hat ihr Gesangsstil manchmal sehr stark einem anderen geähnelt: dem der Vokaltruppe von „Manhattan Transfer“.

Nur als die Professorin gegen Ende des Gastspiels mit dem Publikum eine Erfolgskontrolle des an diesem Abend Gelernten durchführte, gab es für die Zuhörer sicher nicht die Note Eins. Zu zäh und zu leise kam die gesungene Antwort bei dem gospellastigen „Mitmachstück“. Vielleicht lag das aber auch an den relativ spärlich besetzten Rängen.