Hedvig Hanson Quartet | 14.11.2003

Donaukurier | Norbert Schmidl
 

War ihnen das selbst nicht ganz geheuer? „No more Free Jazz“ versprach Hedvig Hanson bei ihrem Konzert im Neuburger „Birdland“ nach dem recht experimentellen ersten Stück nach der Pause. Und es klang fast entschuldigend. Das hätte es aber wirklich nicht sein müssen. Denn erstens war das „Hedvig Hanson Quintet“ bei diesem Stück auf dem Weg zu seiner Höchstform, zweitens war es trotz „Free Jazz“ sehr angenehm anzuhören.

Sängerin und Bandleaderin Hedvig Hanson, Gitarrist und Percussionist Andre Maaker, Bassist Taavo Remmel, Pianist Raun Juurikas und Schlagzeuger Toomas Rull hatten aber auch schon im ersten Teil ihres Gastspiels ihr Können bewiesen. Mit ihrer unaufgeregten Musik bauten die Esten Spannungsbögen auf, die den Zuhörer auf eine Reise zwischen östlichem und westlichem Jazz mitnahmen und ihm mit ihren angenehm runden, wenn auch durch Brüche kleine Turbulenzen verursachenden Stücken einen Platz in der First Class verschafften. Ein bisschen Soul, ein bisschen Funk, eine Prise Rhythm & Blues, Anleihen bei Popjazz à la Norah Jones: Die Mischung macht´s.

Und da hatte Hedvig Hanson zweifellos die richtige angerührt. Nach den überwiegend ruhigen Stücken im ersten Teil gaben die Musiker, die in ihrer Heimat Estland bereits als Stars der dortigen Jazzszene gelten, nach der Pause mehr Gas, vor allem Maaker und Remmel. Latin-Rhythmen waren angesagt, und auch auf diesem Terrain bewegten sich die fünf Musiker, als ob sie nie etwas anderes gespielt hätten. Und Hedvig Hanson betätigte sich dazu, mal in ihrer Landessprache, mal in Englisch, als ausgezeichnete Vokalartistin, die auch ihren Bandmitgliedern die nötigen Freiräume ließ. Nachdem das Quintett das Publikum vollkommen auf seine Seite gebracht hatte, musste es zurück zu den Anfängen kommen. Eine Lullaby als Rausschmeißer – mit den besten Wünschen für eine angenehme Nacht.