Echoes Of Swing Orchestra | 13.11.2003

Donaukurier | Reinhard Köchl
 

(Audi Forum Ingolstadt)

Ein mit dem Besen gerührtes Schlagzeug, eine Trompete, die röhrt wie Hirsch, Tüll, Lackschuhe, gegelte Haare, steifer Kragen und lockere, beschwingte Musik. All dies stand in den 30er und 40er Jahren für einen ganz bestimmten Lebensstil, für Glamour, Ausgelassenheit und stundenweises Glück im Ballsaal, abseits von Prohibition, Kriminalität und Armut draußen auf den Straßen.

Warum nur frönen relativ junge Menschen wie das achtköpfige „Echoes of Swing Orchestra“ im Ingolstädter Audiforum im Zeitalter von Bites und Bytes, von digitalen Schleifen nur dieser handgemachten Musik? Weil es offenbar doch noch einen gewissen Charme besitzt, statt eines kalten Metalls ein warmes Stück Holz in Händen zu halten. Es mag durchaus den Ruch des Altmodischen verströmen; aber  keiner kann leugnen, dass es marschiert, schlurft, schiebt, kurzum: swingt wie der Teufel.

Was das muntere, handwerklich ohne Fehl und Tadel auftretende Oktett mit Musikern aus Deutschland, England, den USA, Holland und Belgien bei seinem begeistert aufgenommenen Ingolstadt-Gastspiel auf der Bühne des Museums Mobile ausbreitet, baut trotz aller Antiquiertheit viele Brücken zur Gegenwart. Der unwiderstehliche, fast schon mystische Groove etwa, den Drummer Oliver Mewes bei seinen Soli mit den Paukenschlegeln aufbaut, hat längst bei vielen Rockbands Eingang gefunden. Und die Phrasierung von Sängerin Shaunette Hildabrand weckt frappierende Vergleiche mit der exaltierten Stimmakrobatik manch aktueller weiblicher Popstars – im positiven Sinn.

Band wie das „Echoes of Swing Orchestra“ waren früher die absoluten Hämmer, konnten Adrenalinspringfluten lostreten wie Bon Jovi oder BroSis. Eine Art musealer Chartbuster, ein Retro-Ereignis erster Güte, eine authentische, aber durchaus eigene Reproduktion jener Epoche des Jazz, der er seine wohl größte Popularität verdankt.

Und die Reaktionen sind damals wie heute ähnlich. „Trumpet Interlude“ mit dem exzellenten Trompeter Colin Dawson sorgt für kollektives Fußwippen im Zeichen hypnotischer Viertel-Rhythmen, „Dry County Jump“ aus der Feder von Altsaxofonist Chris Hopkins lässt das Publikum genauso federn, wie es damals Fats Waller mit seiner Klientel tat. Dabei imitiert Pianist Bernd Lhotzky sein Vorbild Teddy Wilson mit einer gehörigen Portion Chuzpe, ohne ihn freilich zu misshandeln.

Die akustische Gitarre von Dirk van der Linden bleibt unverstärkt, auch im dichtesten Bläsersatz. Keine Kabel, selbst der geslappte Bass von Karel Algoed bleibt stromfrei. Nur Shaunette Hildabrand bekommt – aus naheliegenden Gründen – ein Mikro, darf ungestraft „He ain`t git Rhythm“ singen und dabei ausgerechnet auf den Bassisten deuten. An diesem launigen, kurzweiligen Abend voller Spielleidenschaft und frischem Wind aus alten Kisten glaubt ihr das sowieso keiner.