Gypsy Dynastie | 04.03.2016

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Er dürfte einer der besten Geiger des Gypsy-Jazz sein. Mit 17 Jahren begann seine Karriere im Trio seines Onkels Häns’che Weiss. Seit seinen Kindertagen steht Martin Weiss auf der Bühne, spielte mit vielen Großen des Jazz, u.a. Stéphane Grappelli, Ravi Shankar, Oscar Peterson, Max Greger sen und Paul Kuhn. Im Neuburger Birdland ist er gewissermaßen Stammgast, begeistert die Fans des Genres mal um mal.

Vor gut zwei Jahren kam es im Audi Forum Ingolstadt zur Wiedervereinigung mit Häns’che Weiss – nach fast zwanzigjähriger Funkstille zwischen den beiden! Freilich nur für kurze Zeit, denn Häns’che Weiss erlitt kurz danach eine Herzattacke, von der er sich nicht so weit erholte, dass er wieder musizieren könnte.

So also im Trio: Die Gypsy Dynasty im Birdland bestand neben Martin Weiss aus Holzmano Winterstein und Vali Mayer, beide langjährige Weggefährten von Häns’che Weiss und Urgestein des Sinti Jazz.

Was Martin Weiss neben seiner ausgesprochenen Virtuosität auszeichnet, ist der exquisite Ton, der leichte Strich, die hauchzarte Bogenführung in der Schule Stéphane Grappellis, dem Übervater der Jazzgeige. Weiss beherrscht jene Mischung aus Lebenslust und Melancholie, die den Jazz manouche von jeher kennzeichnet, in besonders eindringlicher Weise. Auch an der Gitarre machte der 54jährige Berliner eine gute Figur in sanfter Melodiosität, die weniger vom Tempo lebt als vom Feeling.

Holzmano Winterstein bewährte sich einmal mehr als grundsolider Rhythmusgitarrist. Seine solistischen Ausflüge waren geprägt von einem ausgeprägten Gefühl für Harmonien und Drive, seine Episoden am Klavier von üppiger Fülle.

Das Repertoire umfasste neben den üblichen Verdächtigen des Genres, wie Minor Swing, Ain’t Misbehavin‘, Sweet Georgia Brown, einer wunderbaren Version von Les feuilles mortes und manchen Stücken der Gypsy-Folklore auch unbekanntere Kompositionen. Das tat dem Konzert des Trios durchaus gut.

Einen besonderen Abend genoss Bassist Vali Mayer. Auch eine Woche nach seinem 80sten Geburtstag gilt seine ganze Leidenschaft dem Jazz und dem temperamentvoll vorgetragenen Bekenntnis: „I can’t give you anything but love, baby!“