Gismo Graf Trio | 04.05.2018

Donaukurier | Karl Leitner
 

Es gibt kaum einen Gitarristen des Gypsy Swing, der nicht über das Griffbrett rasen würde, als wäre der Leibhaftige hinter ihm her. Virtuos sind sie alle, fürwahr, verfügen über eine atemberaubende Technik und hinterlassen regelmäßig ein schwer beeindrucktes Publikum. Andererseits fühlen sie sich durch die Bank als Djangos Jünger, stehen also mit beiden Beinen in der Tradition des großen Django Reinhardt, der in den 1930er Jahren dem damaligen Jazz die vermutlich eigenständigste Spielform überhaupt hinzugefügt hat.

Gypsy Swing war seither immer ein Sonderfall, seine Musiker bildeten häufig eine fest umrissene Szene, die sich lange Zeit deutlich vom Rest der Jazzgemeinde abgrenzte und sich nur schwer anderen Einflüssen öffnen wollte. Der gerade mal 25-jährige Gismo Graf versucht nun in Ansätzen, diesen Schritt zu wagen. Nicht mit der Konsequenz seines Kollegen Joscho Stephan, aber immerhin. So hat er etwa Edvard Griegs „Norvegian Dance No 2“ im Programm, den er gar mit einem Schuss Reggae aufpeppt, und auch sonst sind immer wieder Zitate zu hören, die zumindest ansatzweise darauf hinweisen, dass er nicht nur seine eigene, sondern auch die Pop-, Rock-, und Bluesszene im Auge hat.

Natürlich steht dennoch Reinhardt im Mittelpunkt, zum einen dessen Kompositionen wie „Place de Brouckère“ oder „Troublant Bolero“, zum anderen bei Grafs eigenen Stücken. Die Balance zwischen rasenden Single Note-Läufen und Akkorden, die dazwischen grätschen und so quasi das solistisch Gesagte festzurren, übt auf den Zuhörer eine Faszination aus, der man sich nicht entziehen kann. Was man natürlich auch gar nicht will. Ständig befindet man sich im Schnittpunkt zwischen halsbrecherischen Themen wie etwa dem der Eigenkomposition „Nucki“, von schierer Lust gekennzeichneten solistischen Luftsprüngen wie beim rasenden „China Boy“ und dennoch stets solider Bodenhaftung.

Für letzteres sind neben dem Mann an der Gitarre Davide Petrocca am Kontrabass und vor allem Joschi Stefan, Gis-mos Vater, zuständig. Der spielt die Rhythmusgitarre und leistet wahrlich Schwerstarbeit. Sein Groove ist unerbittlich und lädt den Sohn geradezu ein, sich ein ums andere Mal aufzuschwingen zu einem weiteren Parforceritt oder an anderer Stelle spontan mit Davide Petrocca in Dialog zu treten.

Dass es angesichts der Spielfreude, des spontanen Witzes und des Charmes, den das Trio den ganzen Abend über verströmt, am Ende nicht unter zwei Zugaben abgehen würde, deutet sich bereits lange vor der letzten regulären Nummer des Programms an. Und selbst wenn dieser bereits jetzt schon mit allen Wassern gewaschene Gismo Graf an diesem Abend im Birdland ausschließlich Django Reinhardt gespielt hätte und sonst gar nichts, müsste man unbedingt vor ihm den Hut ziehen. Von diesem jungen Mann wird man noch viel hören, das ist sicher.