Gismo Graf Trio | 04.05.2018

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Eine Familienangelegenheit: Vater Joschi Graf sorgt für Schwung und stabilen Rückhalt, Sohn Gismo darf ungehemmt dem Spieltrieb frönen, Tochter Chayenne greift ab und an zum Mikrophon und singt, u.a. dem Birdland ein Lullaby, während Davide Petrocca als unterstützender Freund des Hauses seinerseits kreative Beiträge einbringt.

Im Trio aus Rhythmus- und Leadgitarre sowie Kontrabass zelebrierten Joschi und Gismo Graf mit Davide Petrocca im Neuburger Birdland Jazzclub den „Pure“ Way“ des Gypsy Jazz. Im Mittelpunkt des Abend um das junge Gitarrenwunder Gismo Garf stand – wer anders? – Django Reinhardt.

Der kreative Beitrag des 1953 im Alter von 43 Jahren verstorbenen Sinti-Musikers zum Weltkulturerbe und zur Musikgeschichte ist unbestritten nichts weniger als der bis heute originellste, frischeste und markanteste Beitrag, den Europa je dem Jazz hinzuzufügen vermochte. Hochvirtuos war sein Stil, und es bedeutet bis heute eine Riesenherausforderung für Gitarristen, sein spielerische Niveau zu erreichen. Nur gut, dass der Stammbaum der einschlägigen Tradition immer wieder reife, üppige Frucht hervorbringt, strotzend vor Spielwitz und lässiger Klasse.

Gismo Graf ist so einer, trotz seiner Jugend längst hoch geachteter Rising Star der Szene, und sein zweites Neuburger Gastspiel zeigte einmal mehr, wie eng Tradition und Emanzipation beieinander liegen können. Neben Django-typischen Swingstandards wie „I See You In My Dreams“ oder „China Boy“ und Klassikern des Jazz manouche wie „Troublant Bolero“ oder „Place de brouckere“ kamen auch des Großmeisters Ausflüge in die Romantik Edward Griegs nicht zu kurz im „Danse nervegienne“.

Der junge Stuttgarter Gitarrist hielt sich an diesem Abend wie sein offenkundiges Vorbild Stochelo Rosenberg treu auf den Spuren Djangos, entwickelte jedoch zugleich in den Feinheiten seines Spiels seine ganz eigene Lesart der Tradition, der er je und je die eine oder andere gischtende Schaumkrone aufsetzte. So wirkte sein hochvirtuos perlendes Spiel in keiner Sekunde altbacken, überkommen oder museal, sondern zeigte sich als quicklebendiger, hochaktueller Ausdruck einer eigenständig gereiften Künstlerpersönlichkeit, die nicht in der Asche stochert, sondern die Fackel weiterträgt, weit über die Grenzen einer reinen Familienangelegenheit hinaus.