Geri Allen Trio | 23.03.2001

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Mit dem Geri Allen Trio erlebte der ausverkaufte Birdland Jazzclub eine erneute Sternstunde in der Reihe Art of Piano. Die 43jährige Amerikanerin umspannte mit ihrem eigenwilligen Spiel eine ungeahnte Bandbreite pianistischer Möglichkeiten.

„Ich konnte einfach nicht aufhören…“, bekannte eine sichtlich erschöpfte Geri Allen nach dem mehr als eineinhalbstündigen ersten Set. Das Konzert der derzeit wahrscheinlich kreativsten Jazzpianistin des Planeten ließ erahnen, welche Eigendynamik Musik entwickeln kann, wenn frau ihre Möglichkeiten auszuschöpfen sucht in wahrer Inspiration und echter Leidenschaft. Geri Allen spielt wie in Trance, die Ideen sprudeln nur so aus ihren Händen, purzeln in die Tasten, übertragen Gedanken in Klänge, materialisieren für den kurzen Überlebensmoment der Schallwellen den Entwurf eines ganzen musikalischen Kosmos. In der Welt des Geri Allen Trio sind Drive und Intelligenz, Komplexität und swing, Vernunft und Gefühl vereint. Auf engstem Raum schichtet und schachtelt sich dichte, vitale, freie und kraftvolle Musik. Begleitet wird Geri Allen von zwei Mitstreitern, die weiß Gott mehr sind als ihre Wasserträger. Drummer Mark Johnson breitet mit zirkulierenden Rhythmen, Crosshand-Kombinationen und sensiblem Einfühlungsvermögen einen reich ornamentierten Teppich auf den Boden, Billy Johnson füllt die Atmosphäre mit seinem technisch feinen voluminösen Bassspiel, baut stabile Strukturen und errichtet Brücken auch über unwegsames Gelände. Geri Allen, die unangefochtene Prima inter Pares des Trios, lässt mit ihren perlenden Klangkaskaden und funkelnden Visionen von versunken und verloren geglaubten Schätzen ein ganzes Königreich der Intensität erstehen. Da glüht pure pianistische Energie im clubeigenen Bösendorfer, der sich in seiner ganzen Klangfülle entfalten darf. Die Zuhörer erlebten auch im etwas kürzeren zweiten Set, wie eine außergewöhnlich begnadete Künstlerin das Wesen des Jazz auf den Punkt brachte, Freiheit und Ordnung vereinte in Momenten größter Innerlichkeit und tiefster Expressivität.