Bobo Stenson Trio | 31.03.2001

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Introvertiert, nuanciert, lyrisch. Das Bobo Stenson Trio bestätigte das hohe Niveau, das die Reihe Art of Piano zu einem der weithin anerkannten Markenzeichen des Birdland Jazzclub macht. Der schier unerschöpflichen Ausdrucksvielfalt der 88 Tasten fügte der schwedische Pianist mit seinen Triopartnern im gut besuchten Club eine neue Nuance hinzu.

Nicht von ungefähr bezieht sich Bobo Stenson auf Bill Evans, „a Person I Knew“, den Gründervater einer ganzen Riege von Romantikern am Piano und eines Triokonzepts, dass die gleichberechtigt einander lauschende Kommunikation zum Prinzip erhob. Seine mikroskopisch filigrane Ornamentik hört in die Innenseite des Geheimnisses hinein, das unser Leben umschließt. An manchen Stellen wirkt sein Spiel fast hermetisch, spürt in kleinen Schritten der Ordnung des Mikrokosmos nach. Gleichzeitig verströmt Stenson kristalline Intelligenz und lichte Klarheit, erzeugt jenes hellsichtig machende Flirren, das die Mitternachtssonne auslöst, wenn die Zeit stehen zu bleiben scheint in immerwährender Helligkeit. Da erfährt atemlose Klarheit, wer sich dem Tag zu öffnen weiß. Auf der anderen Seite liegt die Entdeckung der Langsamkeit, in der aus versammelter Ruhe Kraft entspringt, durchaus nicht idyllisch, sondern in plötzlicher Eruption, schroff konturiert und von herber Nähe. Bassist Anders Jormin erweist sich als idealer Partner, ein solistisch brillanter Klangästhet, der alle Seele in die Formung seines Tones zu legen weiß. „Simple and Sweet“ entlockt er dem Bass mit nachgerade staunenswerter Technik ein Maß an Zartheit, wie es im Birdland bis dato auf diesem Instrument nicht zu hören war. Der dritte im Bunde, Billy Hart, einer der vielseitigsten und begehrtesten Drummer, dem in dem Roman „Der Bär kommt heim“ ein liebevolles Denkmal gesetzt ist, ergänzt das Trio mit einem Höchstmaß an Sensibilität und mit leisem Humor, der auch das eine oder andere Kabinettstückchen hervorbringt. Was der Mann mit seinem feinen Händchen mit wenigen Beats an swing, Atmosphäre und Verständnis zu erzeugen weiß, das sucht wahrlich seinesgleichen. Art of piano Nr. 55: leise, leise, leise – wie ein Wiegenlied der Romantik.