George Schuller’s Circle Wide | 25.01.2014

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Seit Beginn gehört sie zur Geschichte des Jazz, kulminierte besonders im Aufschwung des Bebop, noch einmal bei der Geburt des Cool Jazz und schließlich im freien Spiel der Kräfte, das Ornette Coleman einläutete: Die kontrastierende, zuweilen konkurrierende Spannung der Dreiheit aus Unterhaltung, Komplexität und spontaner, individueller Ausdruckskraft.

Nun, als U-Musik (den Ausdruck gibt’s eh nur im Deutschen) ließ sich die denkwürdige, hoch differenzierte Darbietung von George Schuller’s Circle Wide im Birdland Jazzclub wahrlich nicht bezeichnen. Das war Musik für wache Ohren, sensibel, vielschichtig, auf hohem Seil balancierend zwischen Komposition und Improvisation, banddienlichem Interplay und solistischer Ambition, introspektiver Analyse und expressiver Energie.

Das durchaus ungewöhnlich besetzte Quintett um den New Yorker Drummer George Schuller wartete mit teils nachdenklichen, teils geradezu eruptiven Klangwelten auf, bei aller Freiheit nie außer Kontrolle, immer hochvirtuos, nachvollziehbar und klangmalerisch präsent. Schuller und seine Kombattanten – Jason Rigby am Saxophon, Brad Shepik an der Gitarre, Tom Beckham am Vibraphon und Dave Ambrosio am Bass, allesamt echte Asse an ihren Instrumenten, super aufeinander eingespielt am Ende der Tour – legten einen überaus intensiven Konzertabend hin, spannend wie ein Krimi, abwechslungsreich, charakterstark und mit toller Dramaturgie.

„Listen Both Ways“ lautet der Titel der aktuellen CD, mit Hirn und Herz zu hören könnte da gemeint sein. „Could this be the Year?“ wurde da fragend ein Blick ins Ungewisse gewagt, kurz darauf an den großväterlichen „Store without a Name“ in North Dakota erinnert, vom quirligen Bruder „Edwin“ erzählt, politisch wach die Krise im „Middle East“ reflektiert und der ergiebige Stoßseufzer ins Dickicht der Gegenwart entlassen, trotz GPS: „A Map Would Help“! In der Tat, auch wenn die Orientierung selbst auf längeren Trips nicht verloren ging. Stark!