Freiheit, die ich meine: Wer an die Jazzszene der deutschen Hauptstadt denkt, sollte vor den Möbus, Mahall, Wahnschaffe und wie sie alle heißen nicht vergessen, dass Andere schon lange vor dem roten Bereich und dem rosa Rauschen den Berlin-Sound prägten. Einer davon ist Gebhard Ullmann, seit 20 Jahren unverdrossener Protagonist der freien Improvisation, von dessen ungebrochener kreativer Energie sich die Besucher des Birdland Jazzclub nach immerhin sechseinhalb Jahren wieder mal überzeugen konnten.
Es war von vornherein klar: Das wird ein Abend für Hardcore-Fans, für die, denen Jazz auch jenseits fußwippenden Swings etwas bedeutet und zu sagen hat. Dabei ist der Begriff „Free Jazz“ eine viel zu abgedroschene Vokabel, als dass er die subtil kreativen und zeitweise unmittelbar explosiven musikalischen Prozesse beschreiben könnte, die sich in Gebhard Ullmanns Band Conference Call abspielen: Freilich geht’s um Musik mit möglichst wenig Vorgabe und möglichst viel Freiraum und Spontaneität.
Die Zeiten jedoch, als sich für einen Jazzmusiker ausgeben mochte, wer nur irgend ein Horn erstand und in selbiges zu hupen vermochte, sind lang passé, wenn es sie denn je wirklich gegeben hat. Der international hoch geachtete Gebhard Ullmann ist ein technisch höchst versierter Virtuose an Saxophon und Bassklarinette, verfügt über ein schier unbegrenztes Ausdrucksspektrum, brillante instrumentale Fertigkeiten und exzellentes Feeling für das dem Augenblick Gebührende. Was er und seine exquisite Band – Michael Jefry Stevens am Piano, Joe Fonda am Bass und George Schuller am Schlagzeug – auf der Bühne des Birdland spielen, ist hochdifferenzierte interaktive Musik, die sich verdichtet und wieder entflicht, zumeist hochofenheiß glühend, mal überraschend schmuseweich und geschmeidig, mal von nachdenklichem Zögern getragen. Gespeist von multikulturellen Impulsen werden die Themen in vielgestaltiger Expressivität mit Raffinesse entwickelt, komplex ausgeschöpft, kraftvoll, kommunikativ, konsequent ins Leben gesetzt. Der Kurs in Richtung Freiheit bleibt der richtige.