Gebhard Ullmann´s Basement Research | 20.04.2018

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Musikalische Grundlagenforschung war mal wieder angesagt im Birdland Jazzclub. Der Saxophonist und Bassklarinettist Gebhard Ullmann ist gewissermaßen Stammgast im Neuburger Jazzkeller, wenn es darum geht, musikalische Freiheit in der Kunst der Improvisation bis in ihre Grenzbereiche auszuloten. Wenn man Musik mit Philosophie vergleichen wollte, würde man den sympathischen Berliner wohl am ehesten der Disziplin der Erkenntnistheorie zuordnen. Sein langjähriges Projekt „Basement Research“ wirkt wie eine große Nachfrage nach der Bedingung der Möglichkeit des Musizierens.

Da gibt es das Element der Komposition, des vorbedachten, geplanten Ineinandergreifens der Einzelstimmen in melodisch, harmonisch und rhythmisch aufeinander bezogener Weise, sauber ausgetüftelt bis ins kleinste Detail und punktgenau im Kollektiv präsentiert mit hohem Wiedererkennungswert und zupackender Ansprache. Auf der anderen Seite waltet der individuell getriebene Moment des lustvollen Musizierens an sich, das in der Improvisation seinen eigenen Ausdruck findet und den Mitmusizierenden auf der Suche nach gemeinsamen Lösungen spontane Ideen liefert.

Wie funktioniert Musik, die sich ihrer Gesetze entledigt, die Freiheit sucht und sich zu neuen Ufern aufmacht in „Shifting Tonnalities“, welche die Beschränkung auf zwölf chromatische Haltonschritte innerhalb einer Oktav in ungezählten mikrotonalen Zwischentönen überschreitet? Gar nicht philosophisch abstrakt, sondern glutvoll, lebendig, konkret.

Dazu hat sich Gebhard Ullmann, ein begnadeter Versucher an Saxophon und Bassklarinette, mit gleichgesinnten musikalioschen Abenteurern zusammengetan: Julian Argüelles lotet in hurtiger Geschwindigkeit aus, wozu ein Baritonsaxophon im Stande ist, Steve Swell erforscht mit Mundstück und Zug in überaus kreativer Gestaltungskraft die schier grenzenlose Tonalität der Posaune, ganz im Sinne des „Impromptu“, der Überraschung aus dem Stegreif, welche die Musik auch in ihrer klassischen Form auskostet. Nicht ohne ihre eigenen Impulse im satten Sound der Band zurückzuhalten verschaffen Pascal Niggenkemper am Bass und Gerald Cleaver am Schlagzeug dem kreativen Spiel der Solisten Bindung und grundsoliden Halt, so dass die Musik in jeder Sekunde geerdet bleibt, nicht zuletzt im Blues. So geht Musik. Ohne Wenn und Aber, sodass dazu auch die Philosophen nicht nur mit den Ohren schlackern, sondern sogar mit den Füßen wippen dürfen.