Swinging Ladies + 2 | 21.04.2018

Neuburger Rundschau | Peter Abspacher
 

Bei dem tollen Sommerwetter mitten im Frühling „hättet ihr auch auf der Terrasse grillen können“. Diese augenzwinkernde Begrüßung durch den Saxofonisten und Klarinettisten Engelbert Wrobel („das kommt davon, wenn man so früh die Eintrittskarten kauft“) im Birdland war nicht aus der Luft gegriffen. Tatsächlich hätte man an diesem lauen Samstagabend auch ein Fest im Freien zelebrieren können statt im Kellergewölbe einer Jazzband zu lauschen.

Das jedoch wäre ein großer Fehler gewesen. Gelegenheiten zum Grillen kommen noch genug, aber ein derart witziger, spritziger Musikgenuss mit Mambo, Tango und Ragtime wird so schnell nicht mehr zu erleben sein. Weder im Birdland Neuburg noch irgendwo sonst in der deutschen Jazzclub-Szene. Swinging Ladies + 2, das ist eine weltweit einmalige Formation, Dieses Quartett zündet ein Feuerwerk mit vierhändigem Klavierspiel (Stephanie Trick und Paolo Alderighi), Bass und Gesang (Nicki Parrott) und Tenorsaxofon oder Klarinette (Engelbert Wrobel).

So viele mitwippende Köpfe, Oberkörper und Beine sind im Birdland Club nicht oft zu beobachten, auch mitgeklatscht wird beim Jazz über komplette Songs hinweg eher selten. Der Schwung und die Ausstrahlung der vier Musiker/innen aber sind so präsent, dass es dem Publikum leicht gemacht wird, sich mitreißen zu lassen.

Am Ragtime „The Entertainer“ von Scott Joplin haben sich schon viele Klavierspieler mit mehr oder weniger Erfolg versucht, das Stück erkennt jeder sofort. Gleiches gilt für berühmte Tangos oder Mambos, für die „Westside-Story“ oder für den Beatles-Song „Penny Lane.“ All diese Evergreens haben „Swinging Ladies + 2“ im Programm, aber sie spielen sie nicht nur sauber, mit Gefühl und dem nötigen Schwung – was auch schon etwas wäre.

Das Quartett aus Australien, Italien, USA und Deutschland transformiert diese Stücke zu funkelnden Edelsteinen des Jazz, mit sehr viel Witz, musikalischer Kreativität und einer fast übermütigen Lust am Verfremden und am Verblüffen. Und das mit einer Leichtigkeit, die direkt ins Herz und in die Beine geht.

Phänomenal und zu Recht bejubelt das Bernstein-Meadley zu vier Händen am Klavier, mit fliegenden Platzwechseln der beiden Piano-Künstler und mit raffiniertem Wechsel von vertrautem Original und verrückter Jazz-Adaption. Es macht Spaß, genau mitzuhören und irgendwann hinter die Freiheiten zu kommen, die sich diese Musiker herausnehmen – und zwar zu Recht, weil sie es können. Egal ob es um „Jenny Lane“ oder lockere Potpourri-Versionen aus der Klangwelt argentinischer Tangos und kubanischer Mambos geht, die vier Musiker machen daraus eine spannende, neue und zugleich wohlbekannte Klangwelt.

Welche Farben Nicki Parrot ihrem Kontrabass entlockt, zupfend, mit dem Bogen streichend und ganz nebenbei auch noch mit Kostproben ihrer ausdrucksstarken Stimme, das ist große Kunst. Und wer erleben will, was man aus einer Klarinette und aus einem Tenorsaxofon ohne erkennbare Mühe herausholen kann, der braucht nur Engelbert Wrobel zu lauschen.

Und dann kann man auch allen vier Musikern einfach nur zuschauen. Da ist viel Lächeln auf den Gesichtern, auch Spitzbübigkeit. Wer diese Freude an jeder einzelnen Note ausstrahlt, der macht auch dem Publikum eine anhaltende Freude. Selbst der schönste Grillabend kann da nicht ganz mithalten.