Full Moon Trio | 16.12.2001

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Transparenz, Interaktion, Luftigkeit und Temperament. Die CD-Präsentation des Full-Moon-Trio im Birdland Jazzclub lag genau richtig, brachte Musik für die wenigen ruhigeren Stunden, die wir uns zum Ende des Jahres noch gönnen. Walter Lang, Stephan Hostein und Wolfgang Lackerschmid bestätigten ein Jahr nach der Aufzeichnung „Live at Birdland“ im Konzert, dass das musikalische Potential ihres ungewöhnlichen Trios eigentlich noch ein gutes Stück über das hinausgeht, was in den 65 Minuten einer noch so gelungenen CD festgehalten werden kann.

Die Einheit der Gegensätze funktioniert nur in der Balance des Systems; wo einer sich vorwagt, müssen die anderen zurückbleiben, wo einer Freiheit lebt, müssen die anderen sie ermöglichen. Wenn so etwas völlig wie von selbst geht, unmittelbaren Frieden ausstrahlt bei aller Bewegung, zielsicher und stilsicher ins Ohr geht und die Seele trifft, dann weiß der Zuhörer, dass er Zeuge eines besonderen Geschehens ist. Walter Lang am Piano, Stephan Holstein an Klarinette, Altsaxophon und Bassklarinette und Wolfgang Lackerschmid am Vibraphon kennen sich schon lang, gehen in größtmöglicher gegenseitiger Achtung aufeinander ein und mit den Talenten des je Anderen um, ergänzen sich zu einem filigranen Ineinander individueller Freiheit und swingender Homogenität.

Der pianistische Lyriker Walter Lang zeigt mit heftigen Akzenten a la Rachmaninov auch Sinn für dramatische Momente und schwerblütige Nachdenklichkeit, erweist sich andererseits als Pianist, der selbst Dantes Inferno noch rhythmisch-tänzerische Qualitäten abgewinnen könnte. Stephan Holsteins leichter – nie leichtgewichtiger – Ton schwebt mit einem Höchstmaß an Zärtlichkeit durchs Gewölbe, biegt sich mit sensibler Geschmeidigkeit, schmiegt sich an die Seele. Lackerschmid wirbelt mit spektakulärer Vier-Schlegel-Technik über die Klangstäbe, tupft Melodien in dem Raum, entwirft wahre Girlanden und knüpft schwebende Teppiche mit ziselierten Mustern. Das Full Moon Trio erzählt mit differenziertem Duktus Geschichten vom Leben, manchmal mit ein wenig Wehmut, manchmal mit fröhlichem Temperament, immer authentisch und mit respektvoller Behutsamkeit. Als Ausgangsmaterial dienen Standards wie „Alone Together“, Variationen wie „No Greater Lunch“ oder eigene Kompositionen wie Lackerschmids „Sarah’s Bande“ und der gospelartige Choral „Little Chapel“ aus der Feder Walter Langs. Alles hat seine Zeit. Zum Schluss gab’s einen adventlichen „Blue Moon“ mit viel Gefühl und einer kleinen Prise Ironie, die für die nötige Distanz zur sentimentalen Inflation der Vorweihnachtszeit sorgte, jedoch nirgends zum Gespött ausartete. Dazu sind Gefühle auch viel zu wertvoll.