Francesca Tandoi Trio feat. Max Ionata | 11.02.2023

Neuburger Rundschau | Peter Abspacher
 

Rom, Zürich, Amsterdam, Stockholm – vier Jazz-Weltstädte und dazwischen der Birdland-Club in der Nicht-ganz-Weltstadt Neuburg. Kurz dazwischen trifft es rein zeitlich ganz gut, auf ihrer Europatournee waren das Francesca Tandoi Trio und der Tenorsaxofonist Max Ionata erst zwei Stunden vor Konzertbeginn aus der Schweiz im Birdland-Club zum Soundcheck eingetroffen, am sehr frühen Sonntagmorgen ging es schon weiter nach Holland.

Kurz dazwischen reingeschoben, das stimmt aber musikalisch gar nicht. Da lieferten die drei jungen Jazzkünstler Francesca Tandoi (Piano, Gesang), Stefano Senni (Bass) und Max Ionata (Saxofon) und der alte Hase Frits Landsbergen am Schlagzeug (den viele als langjährigen Drummer der Dutch Swing College Band lieben) einen tollen Swing und Blues-Auftritt in Neuburg ab. Dieses Quartett ist auf dem Weg zur Championsleague im Jazz.

Und es ist eben nicht nur so aus Freundlichkeit dahingesagt, wenn die großartige Pianistin und Sängerin Francesca Tandoi meint, hier im alten Hofapothekenkeller würden Musiker und Publikum zu einer Einheit des Spielens, Hörens und Fühlens verschmelzen, die es so vielleicht nirgends sonst gibt. Der Zauber des Ortes war an diesem Abend besonders intensiv zu erleben.

Im Spiel dieses Trios mit einem sehr starken Tenorsaxofonisten sind alle Ingredienzien des feinen Jazz zu erleben. Kammermusikalisches Feingefühl, ausgelassene Spiellust, Mut zur Improvisation, technische Brillanz und – vor allem – die Fähigkeit, auch beim großen eigenen Auftritt auf das Ganze zu achten. Da sind feine, disziplinierte junge Jazzer am Werk, unbekümmert und mit viel Können ausgestattet, aber eben keine jungen Wilden, die sich selbst zu allerlei Eskapaden hinreißen lassen, statt vor allem daran zu arbeiten, das Publikum hinzureißen.

Und dazu ein mit allen Wassern des Swing gewaschener alter Hase am Schlagzeug. Frits Landsbergen hat meist ein von innen kommendes Lächeln um die Lippen, er freut sich einfach darüber, was die von ihm zum Teil selbst entdeckten und ausgesuchten Jungen da ins Werk setzen. Dass der Mann am Saxofon manchmal des Guten zu viel in den Raum hinausbläst und Feinheiten seiner Mitstreiter überdeckt, lässt sich verschmerzen. Der Saxofonist Max Ionata beweist oft genug, welche intensiven, warmen Sound er zelebrieren kann.

Am schönsten vielleicht im bezaubernden Duett mit der Pianistin über das Thema „Tea for two“. Was sich die italienischen Tonzauberer Tandoi und Ionata bei dieser Nummer einfallen lassen, ist herausragend. Der Mann am Saxofon bläst die Grundmelodie in kleinen Zitaten immer wieder im klangvollen Piano vor, original oder raffiniert verfremdet, die Frau am Klavier bricht den Rhythmus und die Melodie auf und setzt sie in neuen, witzigen oder ironisch hingeworfenen Harmonien wieder zusammen. So geht das zum Vergnügen der Zuhörer und der Aktiven hin und her – ein Kabinettstück der musikalischen Hochintelligenz.

Mit ihrem noblen Anschlag und ihrem Gespür für die Intimität dieses Jazzkellers gibt die 31-jährigen Francesca Tandoi bei vielen Nummern den Ton vor. Und mit einer überlegt und im warmen Sound eingesetzten Gesangsstimme, die ohne jedes Forcieren angenehm bis in den letzten Winkel des Kellergewölbes trägt. Wenn Tandoi singt und spielt, wird aus einem eleganten Quartett eine Fünfer-Combo, mit einer fast instrumental geführten Mezzo-Stimme. „Bob`s mood“, „Morning“ oder „Hope“ sind bewegende Nummern, mit Virtuosität und Rasanz, mit innigem Sound in den balladenhaften Passagen und mit Soli von Bass und Schlagzeug, die mit Auftrumpfen und solistischer Eitelkeit nichts, mit musikalischem Anspruch aber sehr viel zu tun haben.

„Hope“ zum Beispiel. Ein leichter, schwebender Gesamtklang, warmes Timbre im Saxofon, innige Melodien der Sängerin, kluger Bass-Sound und ein sehr sensibler Schlagzeuger. Dieses Stück lässt Bangen, Zweifel, auch Anflüge der Verzweiflung anklingen, strahlt aber am Ende genau das aus, was der Titel sagt. Ein wunderbarer Abschluss eines wunderbaren Jazzabends.