Eva Klesse Quartett | 18.11.2017

Donaukurier | Karl Leitner
 

Wenn man nur das richtige Empfangsgerät hat, kann man das zweite Set von Eva Klesse und ihrem Quartett sogar in Alaska hören. Oder auf den Fidschi Inseln. Es ist der letzte Abend des 7. Birdland Radio Festivals, der direkt aus dem kleinen Club in der Neuburger Altstadt vom Bayerischen Rundfunk live übertragen wird, und als das rote Lämpchen „Achtung! Wir sind auf Sendung!“ signalisiert, ist das der Startschuss für eine vierstündige Live-Jazznacht, die alles beinhaltet: Aufnahmen von kürzlich mitgeschnittenen Birdland-Konzerten, Interviews mit Musikern, Fachsimpeleien mit Beobachtern der Szene und natürlich jeder Menge Musik unterschiedlichster Art.

Der Schwerpunkt freilich liegt bei Eva Klesse (Schlagzeug), Evgeny Ring (Altsaxofon), Philip Frischkorn (Klavier) und Robert Lucaciu (Kontrabass), die die höchst facettenreichen Kompositionen ihrer beiden letzten Tonträger „Obenland“ und „Xenon“ vorstellen. Damit bewegt sich die Band zwischen zwei Polen. Zum einen ist da die verträumte, fragile, ja geradezu lyrische „Ballade auf zwei Beinen“ zu hören, zum anderen gibt es die heftigen Ausbrüche in „Decent And Resurface“, das scheinbar ungeordnete akustische Gewusel beim „Irischen Reisefluch“, die Traumwelten bei „Klabautermann“, die auch im Modern Jazz durchaus relevanten beinharten Beats bei „Gravity“. Stän-dig ist die Band unterwegs zwischen diesen Eckdaten, die Musiker lassen den Stücken Zeit zur Entwicklung, wobei vorab selbstverständlich das Ziel dieser abenteuerlichen akustischen Reise festgelegt, nicht jedoch, wie man es erreicht. Und genau dieser Weg, der nicht selten ein spannender Umweg und manchmal ein noch spannenderer Irrweg sein kann, ist das Faszinosum dieses Abends.

Das in Leipzig beheimatete „Eva Klesse Quartett“ mag ein an Jahren noch junges Ensemble sein, aber es hat für sich bereits eine eigene Sprache entdeckt. Basierend auf der überaus perkussiven Spielweise der Bandleaderin haben sie und ihre drei Kollegen sich einen weiten aber doch fest definierten Rahmen gesteckt, innerhalb dessen sie ihre ungewöhnliche Musik präsentieren.

Tags zuvor noch habe die Band in Argentinien gespielt, erzählt Eva Klesse, man sei nun also seit fast 48 Stunden auf den Beinen. Von Ermüdungserscheinungen allerdings keine Spur. Im Gegenteil, auch wegen der frischen und spritzigen Art, in der die Nummern vorgetragen werden, wird dieser Abend zu einem würdigen Abschluss des 7. Birdland Radio Jazz Festivals und ein Erlebnis für alle, die live dabei waren. Und auch für die, die auf Bayern 4 Klassik, auf Bayern 2, im Nachtprogramm der ARD oder weltweit übers Internetradio mitgehört haben.