Emile Parisien Quintet | 28.04.2017

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Ein eigener, unvergleichlicher Kosmos improvisierter Musik, sicher eines der beeindruckendsten Konzerte der Saison! Wer an diesem denkwürdigen Freitagabend in den Neuburger Jazzkeller eintauchte, ließ sich auf ein Konzert ein, das seinesgleichen sucht.

Nun ist die französische Jazzszene mit einer hochgradig eigenständigen Tradition und Kreativität gesegnet. Aber selbst aus deren breit gefächerter schöpferischen Energie ragt das Quintett des Pariser Saxophonisten Emile Parisien mit Louis Sclavis an Klainette und Bassklarinette, Julien Touery am Bösendorfer, Ivan Gélugne am Bass und Julien Loutellier am Schlagzeug noch einmal heraus. Was die fünf Franzosen aus Jazz, folklore imaginaire, Neuer Musik und Lust am Spiel der Phantasie auf die Bühne des Neuburger Birdland brachten, versetzte das staunende Publikum in eine Welt jenseits aller Schubladen.

Körperlich verschieden wie Mogli und Balu ergänzen sich der quirlige, quecksilbrige Parisien und der standhafte, starke Louis Sclavis, der junge Senkrechtstarter und der alte Haudegen des französischen Jazz in musikalischer Hinsicht ideal. Beide sind virtuose Pioniere des Klangs, Zauberer instrumentaler Entfaltung, Erkunder des Unbekannten. So klingt ihr Miteinander mal zart verspielt in klangmalerischer Opulenz, mal in einem wahren Strudel aus Ideen, Gedanken, Emotionen, Bildern, Tönen, Impressionen, Farben und Schattierungen.

So ausgeklügelt wie ausgelassen agiert die Band, auf die 1000stel Sekunde genau, so frei wie diszipliniert, so minutiös wie unerwartbar: Immer wieder im Rückgriff auf Sprengsel der Jazztradition, immer wieder mit höchster Neugierde auf das, was kommen mag und längst noch nicht ist in der Welt des Jazz. An den klassischen Bebop mit seinen rasenden Unisoni und heißen Soli bis hin zum freien Spiel lehnt sich diese Musik ebenso an wie an Impulse aus Nordafrika oder die schillernde Glut des Feuervogels.

Geräusch und Melodie, Hauch und Hymnus, Pulsschlag und Harmonie fließen ineinander wie in einer Ursuppe aller Existenz, brodelnd zugleich und stets mit Plan, Maß und Ziel, magisch, logisch, bezwingend!

Der Bayerische Rundfunk hat mitgeschnitten. Der Sendetermin steht noch nicht fest, ist jedoch für den Herbst geplant.