Vladimir Kostadinovic Group feat. Seamus Blake | 22.04.2017

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Das Programm des Neuburger Birdland Jazzclubs kann mit Fug und Recht als Gradmesser für Entwicklungen des unverfälschten Jazz angesehen werden. Eine Tendenz fällt heuer auf: Es sind immer öfter Schlagzeuger, die Bands initiieren, zusammenstellen und leiten.

Sicher gab es das schon immer. Einer der bekanntesten und prägenden Bandleader war über vier Jahrzehnte Art Blakey. Er ermöglichte im Rahmen seiner 1955 gegründeten „Jazz Messengers“ ganzen Generationen von späteren Stars den Einstieg in die Szene und trommelte sie so in ihre Karriere. Dabei verstand er sich immer als Botschafter seiner Musik und glaubte an die Lehre der eigenen Bühnenerfahrung mehr als an die Jazzuniversitäten.

In den ersten vier Monaten des laufenden Jahres traten im Neuburger Birdland allein vier Schlagzeuger als Bandleader auf. Das allein dokumentiert schon die aktuelle Entwicklung des erstarkenden Selbstbewusstseins der Drummer.

Vladimir Kostadinovic, in Serbien geboren, wohnhaft in Wien, ist einer davon. Mit Bedacht hat er sich eine international besetzte Band zusammengestellt, die seine Kompositionen, Visionen und musikalischen Ideen umsetzt.

Bebop, Blues, Balladen und eine gehörige Portion Energie. Seamus Blake, einer der versiertesten Tenorsaxophonisten unserer Zeit, stammt aus New York. Aus Oslo kommt der aufgekratzte Gitarrist Bjorn Solli, aus Serbien Bassist Milan Nikolic. Gemeinsam zeigen sie eine traditionelle, geradezu elementare Gegebenheit des Jazz. Unmittelbare Kommunikation und Verständigung. In hoher Achtung einzelner Persönlichkeiten legt Jazz wesentlichen Wert auf konstruktive Interaktion, Spontaneität und authentischen Respekt. Das gilt insbesondere, wenn zwei ausgeprägt eigenwillige Virtuosen wie Blake und Solli am vorderen Rand der Bühne stehen. Gitarre und Saxophon überbieten sich da förmlich.

Da heißt es für Bass und Schlagzeug, den Laden zusammenzuhalten, ohne selbst allzu unauffällig zu bleiben. In starker Bindung zueinander gelingt das dem feinen Bassisten Nikolic und dem prägnant aufspielenden Vladimir Kostadinovic. Und auch das zeigt das gewachsene Selbstbewusstsein der Schlagzeuger: Das stets reich beklatschte Schlagzeugsolo ist längst nicht mehr so wichtig wie die prägende Präsenz in der Band.