Eddie Gomez Trio | 19.09.2008

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Warum nicht „The Art of Bass“? So viele namhafte Tieftöner haben bereits im Birdland Jazzclub zu Neuburg gastiert, dass sich daraus leicht eine referentielle Reihe rekonstruieren ließe, die der „Art of Piano“ wohl in nichts nachsteht. Ein Name fehlte noch in der Riege der wirklich bedeutenden Kontrabassisten: Eddie Gomez hat großen Anteil an der Entwicklung des Kontrabasses vom Begleitinstrument mit obligatem Solo zum eigenständigen Dreh- und Angelpunkt einer Band.

Als erste leiteten der Pianist Bill Evans, der Schlagzeuger Paul Motian und der Bassist Scott LaFaro in den 50ern die Wende ein vom Piano mit Begleitung hin zum gleichberechtigten und je gleichgewichtigen polyphonen Dreieck dreier Instrumente, die je gleichen Anteil an der Ausgestaltung eines Stücks haben. Bass und Schlagzeug entfalteten Eigenleben, wurden von Dienern zu Partnern, entfachten Dialoge, Diskurse, Spannungsbögen interaktiver Improvisation. Eddie Gomez spielte von 1966 bis 1977 mit Bill Evans zusammen. Wunderbare Trio- und Duoaufnahmen dokumentieren das blinde Verständnis der beiden.

Nach seiner Trennung von Bill Evans, dessen Todestag sich am 15. September zum 18. Mal jährte, blieb Eddie Gomez ein überaus erfolgreicher und begehrter Partner namhafter Musiker. Heute belegt er gemeinsam mit dem stark an Evans Spielweise angelehnten Pianisten Stephen Carlsson und dem in zurückhaltender Feinabstimmung agierenden Schlagzeuger Duduka da Fonseca die These, dass Tradition nicht bedeutet, in der Asche zu wühlen, sondern die Flamme weiter zu tragen. Sei es im elegischen Jazz-Standard „I Will Wait For You“, im rhythmisch-tückisch trockenen „Spiders Song“, in den fernöstlich exotisch inspirierten „Three Kings“ oder im umtriebigen mediterranen Flair von „Palermo“, das Eddie Gomez Trio lässt die Phantasie blühen auf höchstem musikalischem Niveau mit Esprit, Witz und Seele.

Bill Evans „We Will Meet Aggain“, das der Pianist seinerzeit dem allzu jung verstorbenen Bruder widmete, lässt abgrundtiefe Trauer und von solcher doch nicht ganz zu erstickende Hoffnung über den Tod hinaus in ergreifender Weise Gestalt annehmen ohne auch nur den geringsten Kitschfaktor. Große Kunst! Natürlich bewegt sich das Ganze nah am Ursprung, natürlich verschiebt sich das Gleichgewicht ein wenig zugunsten der klaren Präsenzvorteile für den Star am Bass. Dennoch lebt die künstlerische Eigenständigkeit des Trios mehr von seiner Zukunft als von der Vergangenheit. Einmal mehr ein großer Abend in der impliziten Reihe „The Art of Bass“!