Ed Neumeister Quartet | 21.02.2003

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

„Das ist wirklich ein besonderes Projekt“, bekennt Fritz Pauer, der vielerfahrene Wiener Altmeister am Piano. In der Tat: Ed Neumeister ist nicht nur ein Posaunist der absoluten Extraklasse, er kann auch als Komponist und Arrangeur einen Platz in der Champions-League des Jazz beanspruchen. Im Birdand präsentierte der Amerikaner in lebendiger Intuition weit ausgefaltete Kompositionen mit häufigen Tempowechseln und ausgefeilter Klangästhetik.

Stimmungen und Gedanken erschließen sich in dramaturgisch fein austarierten Strukturen. Da entstehen farbige Bilderbögen mit detaillierter Tiefe, sorgfältig ausgeleuchteten Schattierungen und zart gestrichelten Feinheiten. Seine Posaune bläst Neumeister mit kultiviertem Ton, reiner Intonation und einem immensen Reichtum nuancierter Ausdrucksformen. Gemeinsam mit Fritz Pauer am Piano, Drew Gress am Bass und John Hollenbeck am Schlagzeug verwirklicht er einen Konzertabend, dessen Programm wie eine große Suite mit mehreren zusammenhängenden Sätzen wirkt. Da vergegenwärtigt die Gress-Komposition „It was after the rain when the angel came“ unmittelbar lautmalerisch die Sehnsucht nach Liebe und Glück und entrückt sie in den sanften Hauch eines frisch gewaschenen Tages. „Misty Cool“ setzt dagegen unterkühlten Groove und den Growl der Big City. Nichts wirkt gestellt, nichts klischeehaft; Komposition, Improvisation und Atmosphäre fließen in Eins. „Osmosis“ vermittelt trotz vertrackter Metrik liquiden Groove und neben einem bemerkenswerten Duo von Posaune und Bass eine nahezu ideale Homogenität der Band. John Hollenbeck erweist sich als Meister des variablen Understatements, ein Klangmagier, der einem einfachen Drumset eine schier unglaubliche Fülle an differenzierten Sounds entlockt. Sein „Coping Song“ beginnt mit einer ostinaten Figur der Posaune, die dem Melodiespiel des Schlagzeugs Räume öffnet, sich weitet zu einem mit dem Plunger-Dämpfer virtuos in Szene gesetzten Posaunensolo, Platz schafft für die tropfenden Singlenotes und das feine engmaschige Akkordspiel vom Piano und eine Kantilene des gestrichenen Kontrabasses. „Reflection“ gibt sich in ruhiger Besinnung und meditativer Sammlung wie das Bild eines ruhig fließenden dunklen Gewässers in de Tiefen der Seele, an dessen Oberfläche nur ein leises Kräuseln der Wellen die Strudel in der Tiefe erahnen lassen. Zum guten Schluss dampft der „A-Train“ eher durch’s Gewühl der Straßen als dass er den geraden Bahnen der Subway vertrauen möchte, symptomatisch für ein Konzert, das selbst Stammgästen des Birdland wohl noch lange im Gedächtnis bleiben wird.