Die Ehre, im Birdland Jazzclub die Konzertsaison zu eröffnen, gebührt seit Jahren dem Trompeter Dusko Goykovich. Im letzten Jahr wurden aus diesem Anlass die Stücke für das vor gerade mal drei Wochen erschienene Live-Album „Re:Bop“ dort mitgeschnitten, das Goykovich selbstverständlich im Gepäck hat und von dem er auch einige Auszüge beim diesjährigen Konzert in der Neuburger Altstadt vorstellt. „My Secret Love“ etwa, oder die beiden Eigenkompositionen „Not So Long Ago“ und „Rebop“.
Aber längst hat Goykovich schon wieder Neues für sich entdeckt, hat seine Band umgebaut, ist mit seinen 87 Jahren stets offen, ja, richtiggehend hungrig nach Stücken, die es sich zu covern lohnt. Und so hört man an diesem Abend auch eine geradezu entfesselte Version von Kenny Dorham‘s „Lotus Blossom“, den schwelgerischen „Bass Blues“ aus der Feder von Paul Desmond und Theloneous Monk‘s „Bemsha Swing“, Nummern, die anscheinend nur darauf gewartet haben, dass ein Arrangeur wie Goykovich sich ihrer annimmt, einer mit dem sicheren Gespür des Kenners und Könners. Auch wenn er sich verständlicherweise ab und zu ein klein wenig zurücknimmt und nicht mehr so ausgiebig soliert wie einst, ist sein Ton immer noch brillant, vereinen sich bei ihm immer noch Drive und Eleganz.
Seine aktuelle Band gehört zur Kategorie „Von Null auf Hundert in 10 Sekunden“. Bereits mit dem ersten Ton geht sie volles Risiko, läuft aus dem Stand wie geschmiert und schnurrt anschließend auf höchstem Level. Martin Gjakonovski am Kontrabass, Renato Chocco am Flügel, das Kraftpaket Alvin Queen hinter dem Schlagzeug und schließlich der exzellente, bisweilen an Cannonball Adderly erinnernde Tenorsaxofonist Paul Heller – sie allesamt sind als Solisten absolut erste Wahl. Und als Band und Sprachrohr ihrer selbst wie auch der Ideen ihres Leaders sind sie eine Wucht. Fast meint man, das Quintett möchte an diesem Abend die Qualität des Konzertmitschnitts von 2017 noch toppen. Was das Energielevel anbetrifft, gelingt ihm das tatsächlich, denn die Band steht dermaßen unter Dampf, dass Goykovich sogar auf eine echte Ballade und damit auf den Einsatz des Flügelhorns weitgehend verzichtet. Der lässige Groove bei „You Are My Everything“ und das Understatement bei „Autums Leaves“ in der Zugabe deuten zwar in diese Richtung, aber auch hier hört man quasi das Feuer knistern, das in dieser Band lodert.
Dusko Goykovich als Saisoneröffner im Birdland also. Wie immer, wie in jedem Jahr. Wird das nicht irgendwann langweilig? – Nicht mit jemandem, der bei jedem Gastspiel garantiert anders klingt als im Jahr zuvor, nicht bei jemandem, der ständig neue Musiker, neue Songs und neue Klangfarben vorstellt. Im Gegenteil: Goykovich beeindruckt stets aufs Neue, ja, man ist geradezu hingerissen von ihm. So wie diesmal auch. Hoffentlich bleibt er uns noch lange in dieser Form erhalten.