Dusko Goykovich – Joe Kienemann Quintet | 05.02.2011

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Fast auf den Tag genau vor zwanzig Jahren: Dusko Goykovich und Joe Kienemann bestritten das erste Konzert im frisch renovierten Kellergewölbe unter der Hofapotheke in der Neuburger Altstadt: Geburtsstunde des Jazzkellers, wie wir ihn heute kennen, Sternstunde für die Jazzszene im Freistaat. Das Neuburger „Birdland“ erlebte seitdem wohl über tausend Konzerte. Kein Zweifel: Jazz lives, wie das Motto des Clubs lautet, und Neuburg entwickelte sich seitdem immer mehr zu einer wahren Pilgerstätte für die Jazzfans aus ganz Bayern und darüber hinaus, kurz zum „unbestreitbar schönsten Jazzclub Bayerns“, wie Joe Kienemann anlässlich des Geburtstagskonzerts vermerkt.

Ganz hat man die Originalbesetzung vom 1. Februar 1991 nicht zusammenrufen können: Roman Schwaller ist verhindert, Karsten Gnettner nicht zu erreichen, Wolfgang Haffner kurzfristig erkrankt. In Mario Gonzi am Schlagzeug, Martin Gjakonowsky am Bass und dem phänomenalen Tony Lakatos am Saxophon komplettiert sich heuer das Dusko Goykovich – Joe Kienemann Quintet dennoch zu einer ungemein swingenden Band von internationaler Klasse.

Er geht hart auf die 80 zu, Dusko Goykovich, Trompeter und Flügelhornist von Gottes Gnaden, nach wie vor ein unverwüstlicher Jazzglobetrotter und Musiker von Schneid und Eleganz. Der Wahlmünchener ist ein Meister der Geschmeidigkeit, sei es im rasanten Bebop, sei es in blau samtenen Balladen oder in anschmiegsamer bossa nova. Sein unübertroffen runder, weicher Sound verliert nie an Kontur, jeder Ton sitzt ohne Unschärfe, Kompromiss oder Frage genau da, wo er hingehört, die Soli atmen Reife und Erfahrung, Offenheit und Phantasie. Da brodelt der „Brooklyn Blues“ so lebendig wie Dizzy Gillespie’s „Ow“, widmet sich die „Ballad for Miles“ im gedämpften Ton der hohen Kunst der Reduktion, lässt die „Samba triste“ eine melancholisch sanfte Brise über die Copacabana streichen.

Mit Joe Kienemann sitzt ein langjähriger Freund und Partner am Bösendorfer. Seit etlichen Jahren hat der sonore Gentleman den Sessel des Musikredakteurs beim bayerischen Rundfunk endgültig gegen den Klavierhocker getauscht, parliert mit Hilfe der Tasten nicht minder gekonnt als einst mit Worten, eloquent, leicht, flüssig und in jener noblen Zurückhaltung, die ihn seit je auszeichnet. Auf der Basis von „My Romance“ erklingt „My baiao“ in dezenter Eleganz, Lyle Mays „James“ gibt sich in optimistischem swing.

Einen sensationellen Saxophonpart zeigt Tony Lakatos nicht allein in den coltraneslken Kaskaden seines temperamentvollen uptempo-Spiels. Sensibel und empathisch erweist er sich auch als Meister der Ballade. Da kann es nur mehr heißen: „I Close My Eyes“! Und auch der „Bass Blues“ des trotz gesundheitlicher Unpässlichkeit musikalisch optimal disponierten Martin Gjakonowski lässt ebenso wie die heißen Rhythmen Mario Gonzis keinen Zweifel: „Everything Happens to Me“, was im Birdland nur positiv gedeutet werden kann: Hier passiert alles, was sich der Jazzfan nur wünschen kann. Seit 20 Jahren, und – so zu hoffen – auf unabsehbare Zukunft weiter so!