Duski Goykovich Quintet | 06.02.1998

Donaukurier | Reinhard Köchl
 

Voilà: wer immerzu nach Innovationen im Jazz ruft, weil die überlieferten Spielweisen dieser 100jährigen Musikrichtung angeblich alles gleichhobeln, der muß bloß die alten Meister bemühen. Jene längst überschaubare Schar von Bewahrern, zu der auch einer wie Dusko Gojkovic gehört, und für die Swing immer noch alle Möglichkeiten bietet, sich ohne Beschränkungen vogelfrei zu entfalten.

Sie kultivieren ihre Profession aus tiefer innerer Überzeugung und laufen ob solcher Konsequenz schon mal Gefahr, als sturköpfig oder unbelehrbar abqualifiziert zu werden. Auch Gojkovic erging es so. Nach seinen triumphalen Erfolgen in den USA mit Dizzy Gillespie, Chet Baker oder Woody Herman fiel der Trompeter in den 70ern in ein tiefes, von Rock, Pop und Fusion geschaufeltes Loch. Traditioneller Jazz galt als megaout und antiquiert, der einstige Superstar mutierte in den Augen der Öffentlichkeit zum Fossil.

Dusko Gojkovic spielte weiter und wartete geduldig, bis die Zeit der aufgeregten Modetrends vorbei war. Spätestens seit Beginn der 90er steht er tatsächlich wieder im Rampenlicht, geachtet und gefeiert, begehrt und gelobt, was sich in einer Reihe bemerkenswerter Platten, zahlreicher Engagements rund um den Globus, Fanclubs bis nach Japan (!) und sogar einem Buch über sein Leben niederschlägt. Daß der heute 66jährige gebürtige Montenegriner mit deutschem Paß vor allem im Neuburger „Birdland“-Jazzclub immer wieder sein nach wie vor enormes Potential offenlegt, liegt wohl an der Tatsache, daß sie ihm gerade in der Ottheinrichstadt auch während seiner Durststrecke stets offene Ohren schenkten.

Gojkovic vergißt so etwa nicht. Für sein jüngstes Konzert im ausverkauften Hofapothekenkeller stellte er ein feines, durchaus exklusives Quintett, bestehend aus talentierten Nachwuchsmusikern und seinem alten Kumpan aus Schwabinger „Domicile“-Zeiten, dem Tenorsaxophonisten Heinz von Herrmann, zusammen. In dieser Umgebung kann er ganz den originären Bebopper, den beseelten, fast konkurrenzlosen Balladenvirtuosen mit jenem unverkennbaren Hang zu seinem einstigen Mentor Miles Davis geben. Wenn Dusko Gojkovic in „Adriatica“ oder „In My Dreams“ kurz über das Mundstück seiner gedämpften Trompete haucht, scheint er das Publikum mittels der dabei erzeugten Intensität sogar in ergriffene Minutenstarre zu versetzen.

Die hemdsärmelige Combo schaufelt sich durch knisternd-rollende Bossas und männlich-schneidige Uptempi. Ein ausgemachter Zerberus wie der „Passport“-Drummer Wolfgang Haffner klang selten so federnd und doch fordernd, während sich von Herrmann sowie der US-Pianist Doug Bickl in manchen ihrer rasant-eleganten Soli wie Silberpfeilpiloten auf der Avus vorgekommen sein müssen. Ein Resultat dieser smarten Selbstironie, mit der Gojkovic seinen akuraten Phrasierungen die bekannten Balkan-Elemente beimengt, oder aber die Vorstellung seiner Gruppe mit dem Satz „…und ich heiße Louis Armstrong“ beschließt.

Da kitzelt einer am Gemüt seiner Fans. Wohltuend lakonisch, lässig, ohne den ganz großen, den absoluten Anspruch. Zu diskutieren, ob Jazz nun eine unterhaltende Kunstform oder kunstvolle Unterhaltung ist, scheint gerade nach einem solchen Konzert mit Dusko Gojkovic überflüssiger denn je.