Dudli – Roney Special Quartet | 05.11.2022

Donaukurier | Karl Leitner
 

Im Eingangsbereich des Birdland-Jazzclubs hängen zwei Fotos. Das eine zeigt Wallace Roney Sr., den großen Trompeter aus New York, der 2018 in Neuburg gastierte und 2020 ver­starb. Das andere die unvergessliche Pia­nisten Geri Allen, die 2017 kurz vor ihrem Tod vor Ort ein umjubeltes Kon­zert gab. Und nun steht beider Sohn Wal­lace Roney Jr., ebenfalls Trompeter wie sein Vater, auf der Bühne unter der ehe­maligen Hofapotheke und gibt als Vertre­ter der „Next Generation“ so richtig Vollgas.

Schlagzeuger Joris Dudli, der mit Art Farmer, Jimmy Heath, Benny Golson und Joe Zawinul spielte und über im­mense Erfahrung verfügt, hat für den jungen Gast von der Ostküste – und für sich selbst natürlich auch – eine junge Band zusammengestellt und sorgt damit für gehörig Wirbel in der Szene. Außer Dudli ist keiner älter als dreißig, alle sind hochtalentiert, hochmotiviert und hoch­versiert. In Roney’s Spiel begegnet man natürlich seinem Vater und damit auch Freddie Hubbard, der so viele Trompeter maßgeblich beeinflusst hat. Roney ist ein Mann für Balladen ebenso wie für kna­ckige funky Nummern und sorgt für – wenn er erst mal so richtig loslegt – ge­hörig Druck im Kessel. Ihm gleichbe­rechtigt gegenüber steht Gregor Storf, das Dreifach-Talent, der – eigentlich stu­dierter Schlagzeuger – in diesem Ensem­ble für das Tenorsaxofon und das Klavier zuständig ist. Ständig flitzt er zwischen den Instrumenten hin und her, stellt als Bläser mit Roney zusammen die Stücke vor, begleitet ihn dann am Klavier, so­liert selber an den Tasten und den Klap­pen. Eigentlich erledigt er hier einen Job, für den man normalerweise zwei Leute braucht. Und das auch noch in erstklassi­ger Manier.

Dudli, der in dieser Band irgendwie sel­ber noch einmal zum Twen zu werden scheint, hat die beiden Sets auf drei Säu­len gestellt. Der Abend beginnt mit „One For The Tradition“ und Bobby Hutcher­son’s „West 22nd Street“, also mit Mo­dern Jazz in weitestem Sinne, dann gibt es den ein oder anderen Standard, wobei Dudli die Gesangsparts übernimmt, was, wenn man ehrlich ist, eher die zweitbeste Lösung ist. Der Löwenanteil des Pro­gramms beschäftigt sich mit dem Soul Jazz und dessen Galerie berühmter Trompe­ter mit Lee Morgan, Freddie Hubbard, Nat Adderly und nicht zuletzt Wayne Roney Sr.. Dessen Sohn reiht sich wie selbstverständlich ein, gehört jetzt schon mit dazu.

Dudli, der dem rhythmusbetonten, erd­verbundenen Soul Jazz ja keineswegs abgeneigt ist, wie man auch von Bird­land-Gastspielen mit Vince Herring weiß, ist voll in seinem Element. Glei­ches gilt auch für Michael Acker am Kontrabass. Er glänzt mit drei wunder­schönen Soli, ist aber fast noch wichtiger als Verantwortlicher für den Puls in der Band, für das, was die Zuhörerschaft im fast ausverkauften Birdland veranlasst, mit den Füßen zu wippen, rhythmisch mit dem Kopf zu nicken und den gesam­ten Körper auf den Groo­ve-Modus um­zustellen. Diese Band ist die ideale Basis für einen wie Roney Jr., von dem man si­cher – hoffentlich auch im Birdland – noch viel hören wird. Geri Allen und Wallace Roney Sr., die viel­leicht sogar von höherer Warte aus ihren Sohn und die „Next Generation“ beob­achten, wä­ren mit Sicherheit stolz gewe­sen.