Django Reinhardt Night | 06.12.2012

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Gismo Graf Trio und Martin Weiss World Sinti Jazz Ensemble
(Audi Forum Ingolstadt)

Wunder gibt es immer wieder, Wunderkinder auch. Manchmal emanzipieren sich letztere und werden zu wunderbaren Künstlern. Bireli Lagrene ist einer, dem ein solches Wunder gelungen ist, Gismo Graf könnte einer werden. Sein Konzert im Audi Forum Ingolstadt gab das seltene Privileg, einen Musiker in einer seiner wichtigsten Entwicklungsphasen zu erleben.
Was der Gitarrenzauberer Gismo Graf aus seinem Talent zu machen sich anschickt, berechtigt zu kühnen Hoffnungen, ist er doch erkennbar mehr als ein flinkfingriger Virtuose. Freilich lebt er vom traditionellen Gypsy-Swing im Stil und Erbe Django Reinhardts, bleibt im klassischen Idiom des Hot Club Jazz, geht „absolutely Gypsy“ den reinen Weg, „the pure way“. Behutsam erweitert er jedoch sein Repertoire über die üblichen Verdächtigen des Great American Songbook hinaus, spielt z.B. eine inspiriert swingende Version von Stevie Wonders „Sir Duke“ oder eine nicht minder reizvolle Adaption von Edvard Griegs „Danse Norvegienne“. Dabei baut er in die Hochgeschwindigkeitsartistik auch einer atemberaubenden „Donna Lee“ immer wieder leicht gegen den Strich gebürstete Einzelheiten ein, die im rasanten Trio mit Vater Joschi Graf an der Rhythmusgitarre und dem ausgezeichneten Bassisten Joel Lochner besonders gut zur Geltung kommen.

Gegen solche Finesse musste das Martin Weiss World Sinti Jazz Ensemble im zweiten Set der „Django Reinhardt Night“ im Audi Forum erst mal anspielen. Selbstredend swingt auch dieses Quintett wie der Leibhaftige. Mit einer Mischung aus Hot Club Jazz undCsárdás inspirierter Virtuosität verbreitet der Geiger aus Berlin jede Menge gute Laune, zaubert ein Lächeln ins Gesicht und ein Wippen in die Füße seines Publikums.  Die erlesene Rhythmusgruppe aus Hono Winterstein und Gigi Reinhardt an den Gitarren sowie André Loos am Bass sorgt für federnde Beweglichkeit und unverwechselbares Gypsy Feeling. Martin Weiss verfügt über Feinsinn, Drive und Temperament, lyrisches Sentiment und eine gute Prise feinen Humor, ganz in der Tradition des 1997 verstorbenen Stephane Grappelli, dessen wunderbare Leichtigkeit sich Martin Weiss je länger je mehr zu eigen macht. Und mit Brady Winterstein ist im Martin Weiss World Sinti Jazz Ensemble ein weiteres erst 19 Jahre altes Gitarrentalent zu erleben, das die Funken nur so aus den Saiten stieben lässt.

Welch‘ wundervolle Aussichten für die Zukunft der Jazzgitarre a la Django Reinhardt.