Dino Saluzzi „Familiy“ 6tet | 11.04.2002

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

(Audi Forum Ingolstadt)

„Ein trauriger Gedanke, den man tanzen kann“ lautet die wohl markanteste und am Meisten poetische Umschreibung des Tango. Wenn ein solcher Gedanke zur Familienangelegenheit wird, gewinnt er um so intensiver an konsequenter Dichte und kohärenter Stringenz. Mit dem Dino Saluzzi „Family“ 6tet war im Ingolstädter Audi-Forum die schlechthin authentische Formation des Tango Nuevo zu hören, die derzeit nach irdischen Maßstäben erfassbar ist.

Dino (Bandoneon), Zenón (Saxophone), Celso (Bandoneon), José (Gitarre) und Matias Saluzzi (Bass) können gemeinsam mit Schlagzeuger Diego Alexandro mit allem Recht beanspruchen die wahren Erben und Erneuerer einer Tradition zu sein, die vor knapp hundert Jahren von Argentinien aus ihren Siegeszug über die alte Welt antrat. Der Tango zieht die Menschen in seinen Bann mit der Kraft einer Melancholie, die die bittersüße Verwirrung des Lebensschmerzes auskostet bis zur Neige. Weniger Tanz als musikalische Lebensphilosophie, die um die Risiken menschlichen Scheiterns weiß, ist der Tango der Saluzzis, sparsam und bedacht trotzt er in zumeist leisen Tönen den Stürmen des Lebens. Jeder einzelne der sechs Musiker erfüllt das Rund des Audi-Forums mit Persönlichkeit und Phantasie. Bilder einer oft vernachlässigten Weisheit von der Würde der Ruhe und dem Temperament des Menschenmöglichen erstehen wie aus dem Nichts, jedes für sich Zeugnis einer Reise an die Randsphären der Existenz, Frage und Antwort zugleich in der schwebenden Suggestion des bittersüßen Augenblicks.