David Helbock „Playing John Williams“ | 18.06.2021

Donaukurier | Karl Leitner
 

Was haben „Der Weiße Hai“, „Star Wars“, „Harry Potter“ und „Schindlers Liste“ gemeinsam? John Williams hat jeweils den Soundtrack dafür geschrieben. Wie für so viele weitere Filme, Obamas Amtseinführung und zwei Olympische Spiele auch. David Helbock ist ein renommierter Pianist mit immerhin 17 Alben in verschiedenen Besetzungen im Rücken und seit „E.T.“ begeisterter Cineast. Dass er sich nun das Werk Williams’ vornimmt und für den Jazz bearbeitet, ist also erst mal gar nicht so verwunderlich.

Die Art und Weise seines Vorgehens allerdings dafür um so mehr. Denn Helbock ist schlichtweg brilliant. Er reharmonisiert die Stücke, verwendet neue Taktarten, improvisiert, modifiziert und interpretiert, bricht Williams’ opulent orchestrierte Kompositionen herunter auf ein einziges Instrument, macht aber umgekehrt aus dem Flügel wieder ein ganzes Orchester, indem er spezielle Inside-Techniken einsetzt, Saiten abdämpft, auf ihnen Akkorde streicht oder das Flügelinnere für perkussive Sequenzen zweckentfremdet.
Dabei geht es ihm immer um zweierlei. Erstens um die Essenz einer Komposition, die Melodie, von der man als Musikhörer wie auch als Kinogänger sofort auf einen ganz bestimmten Film oder einen ganz bestimmten Charakter im Film schließen kann. Die gilt es zu erhalten, ohne sie freilich nur nachzuspielen und somit zu kopieren. Helbock spielt mit ihr, lässt sie verschwinden, wieder auftauchen, einfach nur durchschimmern oder unversehens in origineller Verkleidung daherkommen.

Zweitens um das Gespür für den Inhalt des Films. Bei „Schindlers Liste“ oder „Seven Years In Tibet“ sind filigraner Zugang und Behutsamkeit angesagt, bei „Indiana Jones“ oder „Jurassic Park“ hämmert Holbeck derart in die Tasten, dass es schon mal eher nach Donnerhall klingt und man meinen könnte, die Riesenechsen trampelten leibhaftig quer durchs Birdland. Zwischendrin zum Luftholen ein wenig Thelonious Monk – schließlich ist Helbock Jazzer – und ein klein wenig Mozart und Beethoven – schließlich ist er Österreicher – und fertig ist ein Konzert, das man so schnell nicht vergisst.

Allein schon deswegen, weil Filmmusik im Birdland nicht allzu häufig vorkommt, mehr aber noch, weil Helbock als erklärter Fan von Williams nicht nur ein tolles Konzept für dieses Programm entwickelt hat, sondern auch, weil er über das Können verfügt, jenes auch umzusetzen. Können? Mehr noch, der Mann ist schlichtweg virtuos und belehrt an diesem Abend all die Zweifler eines Besseren, die angesichts eines einsamen Flügels auf der Bühne von „nur“ einem Solokonzert sprechen. Von wegen. Am Ende tobt der Saal und Helbock muss völlig zurecht zwei Zugaben geben. John Williams ist zweifelsfrei ein begnadeter Filmkomponist, aber ebenso sicher ist David Helbock ein begnadeter Interpret seiner Musik.