Danny Grissett Trio | 09.05.2025

Donaukurier | Karl Leitner
 

Danny Grissett ist 50. Die ersten 25 Jahre seines Lebens hat er in Los Angeles verbracht, 15 weitere in New York und seit zehn lebt er in Wien. Zusammen mit Tom Harrell, Nicholas Payton und Pee Wee Ellis war er auch immer wieder mal im Neuburger Bird­land Jazzclub zu Gast. Immer als Side­man am Klavier. Jetzt entzückt er erst­mals als Bandleader das Publikum im restlos ausverkauften Club.

Entzückt? Ganz genau. Denn sein Kon­zert im Rahmen der Reihe „Art Of Pia­no“ ist eine echte Sternstunde einer der Königsdisziplinen des Jazz, des Piano Trios, von der man schon alles zu wissen glaubte. Eine Einschätzung, die sich an diesem denkwürdigen Abend als grund­falsch und voreilig herausstellt. Wie hin­reißend und auf welch überaus elegante Weise Grissett sich nämlich des Themas „Heimat“ annimmt, das für einen Welt­bürger wie ihn zwangsläufig immer wie­der relevant ist, dazu passend ein Album mit dem Titel „Travelogue“ heraus­bringt, auf dem sich Kompositionen be­finden wie „The Long Way Home“, „Wonder Wander“ und „The People In The City“, das ist schon äußerst bemer­kenswert.

Zusammen mit seinen beiden kongenia­len Partnern, dem Bassisten Vincente Ar­cher, der schon mal mit der John Sco­field Group Neuburger Luft geschnup­pert hat, und dem Schlagzeuger Frances­co Ciniglio, geboren in Neapel, wohn­haft in New York und Birdland-Neuling, beschreibt er auf unnachahmliche, sehr subtile und emotionale Weise Orte, Be­gegnungen, Situationen, die eine anfangs fremde Umgebung zur Heimat machen, ein Begriff, der sich mit jedem Umzug verändert und neu definiert werden muss. Und manchmal wird sogar einer der unzähligen Spielorte, die er durch­reist, zu einem kleinen Stück Heimat. „Eine Stadt wie Neuburg zum Beispiel. Hierher komme ich immer wieder gerne und mit Vorfreude“, sagt er.

Grissett’s Stücke sind von der Struktur her hochkomplex. Der Drummer entwi­ckelt einen Gegengroove zum Beat, der Mann am Bass koppelt Straight Ahead-Jazz mit Swing, Mulgrew Miller’s „When I Got There“ kommt herrlich re­laxed und bluesig daher und Duke El­lington’s „Wig Wise“ erhält ein komplett neues Outfit. Grissett’s eigene Stücke sind samt und sonders Kunstwerke und die Adaptionen macht er zu kleinen Pre­tiosen, Ein vom ersten Ton an edler, vor­nehmer Sound verspricht etwas ganz Be­sonderes. Und genau das bekommt das Publikum dann auch. Die Ballade „Here’s That Rainy Day“ etwa, in der Grissett die Tastatur streichelt und lieb­kost, dann „Blue J.“ für seinen damals fünfjährigen Sohn, in dem man akustisch Zeuge wird, wie der Kleine in der Woh­nung herumtobt, oder das vielgestaltige „Picture In Picture“, mit dem Grissett Orte besucht, die er bereits kennt, und die dortigen Veränderungen kommen­tiert. So wird „The Long Way Home“ zu einem zweistündigen Triumphzug.

Durch seine Offenheit hat Grissett so­fort einen Draht zum Publikum, berichtet von seiner Vorliebe für Basketball, fürs Kochen und Fotografieren, dass er auch als Buchautor tätig ist und sogar Singles herausbringt, was Jazzer eigentlich so gut wie nie tun. Am Ende lässt man ihn nur äußerst ungern gehen, was nicht ver­wunderlich ist, denn einen dermaßen perfekten Abend erleben selbst Birdland-Stammgäste nur äußerst selten. – Danny Grissett? Am besten möglichst bald wie­der!