Daniel Humair Trio | 24.03.2017

Donaukurier | Karl Leitner
 

Er liebe alles, was swingend, relaxing, geistvoll und interessant ist, hat Daniel Humair einmal in einem Interview betont, wobei diese Aussage  zwar schon einige Zeit zurückliegt, jedoch auch heute noch uneingeschränkte Gültigkeit hat. Der Schlagzeuger, Komponist und Bandleader, der wegen seiner Schlüsselposition bei der Emanzipation des europäischen Jazz in den Sechziger Jahren zu den Säulenheiligen nicht nur der damaligen Avantgarde, sondern des gesamten Jazz aus der alten Welt zählt, hat die Suche nach immer wieder neuen Ausdrucksmöglichkeiten zu seinem Lebensmotto als Künstler gemacht.

Das wird auch deutlich, als er mit seinen beiden Kollegen Stéphane Kerecki (Sopran- und Tenorsaxofon) und Vincent le Quang (Kontrabass), die quasi die Enkel des heute 78-jährigen sein könnten, im Birdland in Neuburg zu Gast ist. Die Einbettung von Elementen aus dem Bereich der Folklore und der Klassik in den Kontext des Jazz war immer typisch für Humair, weswegen es auch nicht verwundert, dass Stücke wie „Couscous Purée“ und „Maghreb De Canard“ ihre Basis in der nordafrikanischen Musik haben und dass er andererseits in manchen Phasen Bartok oder Boulez eindeutig näher steht als der amerikanischen Jazzhistorie.

Dabei ist Humairs rhythmische Dichte enorm, der von ihm gewebte Teppich ist ungemein kunstvoll entworfen, voller Ornamente und Verzierungen. Ob er Malern wie Jackson Pollock oder Musikerkollegen wie Michel Portal  seine Reverenz erweist, Humair liebt es einerseits kraftvoll zuzupacken – nicht umsonst zählt er Elvin Jones und Philly Joe Jones zu seinen Haupteinflüssen – und gleichzeitig mit Trommeln und Becken die rhythmische Vielfalt zusätzlich noch zu kolorieren. Nie hat sein Drumset lediglich Begleitfunktion, stets ist es auch Melodieinstrument, Impuls- wie auch Farbgeber. Meist mit geschlossen Augen spürt Humair den Wellen, Strömungen und Strudeln seiner Musik nach, Rhythmen schälen sich heraus, lösen sich ab, federleichte Passagen und hart akzentuiertes Powerplay gehen wie selbstverständlich auseinander hervor, manches ist vorab festgelegt, manches entwickelt sich erst während des Konzerts, das Saxofon jubiliert, der Bass folgt seinem Bandleader wie ein Schatten.

In jeder Phase des Konzerts wird deutlich, dass hier ein Künstler am Werk ist, der seinem ganz persönlichen Stil nachgeht, nicht abgeschottet vom Rest der Jazzwelt, vielmehr mit offenen Antennen für alles, was um ihn herum passiert. Die Art und Weise, wie er daraus seine ganz eigene Sichtweise entwickelt und umsetzt hat dafür gesorgt, dass Humair einen speziell für ihn reservierten Platz unter den ganz Großen des europäischen Jazz einnimmt. Und der gebührt ihm. Was für ein spannender Abend im Birdland!