Curtis Fuller Sextet | 03.04.2004

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Drei kräftige Akzente von der Bassdrum, eine so kurze wie präzise harmonische und rhythmische Vorgabe von Piano und Bass, eine Frontline, die im Unisono das Thema vorstellt und dann das erste, zweite, dritte Solo: Die Ingredienzien waren schnell vorgestellt, das Resultat im Prinzip auch. Das Curtis Fuller Sextet gab im wiederum ausverkauften Birdland Jazzclub mit durchgedrückten Gaspedal ein lupenreines Bebop-Konzert.

Von Beginn an war Feuer unterm Dach. Flammende Leidenschaft, treibende Rhythmen, ein vehementes Gebläse und ein kompakter Sound – ab geht’s durch die Mitte. Wohl selten ist eine generationsübergreifende Frontline von solcher Qualität: 70-60-40, Curtis Fuller, Don Sickler und Javon Jackson zeigen sich als Solisten von exquisitem Format. Curtis Fullers Posaune hat nichts von ihrer Präsenz verloren, etwas kürzer sind die Soli, aber nach wie vor geprägt von kraftvoller Beweglichkeit, mächtigem Ton, viel Luft und tiefem, sattem Sound. Don Sicklers Trompete entfaltet ihr espritgeladenes Feuer mit verführerischem Züngeln und weicher Geschmeidigkeit. Tenorsaxophonstar Javon Jackson setzt die jüngere Generation in Szene mit wahren Energieschüben, die in offensivem Selbstbewusstsein auch in der vorgegebenen Form von der Freiheit künden wie Lava, die immer wieder über den Kraterrand kocht und in eruptivem Stahl wie in zähflüssiger Beharrlichkeit ihren eigenen Weg sucht. Die Grundlage für das solistische Feuer legt die bombensichere Rhythmuscrew mit den beiden musikalischen Schwergewichten Dwayne Burno am Bass und Tony Reedus am Schlagzeug sowie dem Alles verbindenden Tastenkünstler Ronny Matthews. Fuller Originals wie „The Clan“, „Arabia“ oder der Bossa „Capt’n Kid“, Standards wie „Star Eyes“ oder „Caravan“ – eingeleitet durch ein fulminates Drumsolo – und Moderneres wie Freddie Hubbards „Up Jumped Spring“ erklingen in rasantem Schwung und ausdrucksstarker Musikalität. Nur Nostalgie? Nein, denn im generationsübergreifenden Konzept ist Platz für Tradition und Freiheit, Form und Materie. Die Erfahrung und Abgeklärtheit der Väter mischt sich mit dem Sturm und Drang der Söhne zu einem beeindruckend lebendigen Gebräu.