Cristina Braga Harp Bossa Nova | 13.02.2009

Neuburger Rundschau | Clara Fiedler
 

Wolkenloser, stahlblauer Himmel, endloses, weites, ruhiges Meer, weißer Sand – ein Bild der vollkommenen, wohlklingenden Stille. So könnte die Landschaft aussehen, zu der die brasilianische Harfenistin Cristina Braga jetzt im Birdland den Soundtrack lieferte.

Zusammen mit Ricardo Medeiros an der akustischen Bassgitarre, und Florian Pfeifer, dem „oberbayrischen Schlagzeuger mit brasilianischer Seele“, verband sie so spielend, so leicht, so unbeschwert und froh zwei Dinge, die – jedes für sich gesehen schon schön – mit ihrer Hilfe fast überirdisch wirkten: Harfe und Bossa Nova, abgerundet nicht zuletzt durch eine wattewarme, teilweise fast gehauchte Stimme, in der die glückliche Verzweiflung darüber mitschwingt, dass man die Weite des Himmels, von dem sie singt, niemals begreifen wird.

Keiner vermisst bei der Gitarre das Volumen eines Kontrabasses. Im Gegenteil: Die Basstöne schwingen angenehm, gehen mehr in den Raum hinein, der Klangkörper gewinnt an Tiefe. Die Soli, die Medeiros gibt, fließen ihm leicht aus dem Handgelenk, gelegentlich stolpert man über eine Blue Note, die in ihrem Herausstechen angenehm auffällt. Luiz Bonfás „Manha de Carnaval“, eine Nummer, die nur zu oft durch interpretatorische Gemächlichkeit verliert, bekommt plötzlich einen Drive, dass man am liebsten dazu tanzen würde. Die Band jongliert mit der Dynamik, klingt ab, lebt wieder auf, und büßt trotzdem nichts an Präsenz ein.

„Ich habe mein Herz in deiner Handfläche gefunden“, übersetzt Braga Textstellen aus „Palma da Mao“, und auch, wenn keiner weiß, an welcher Stelle genau sie diesen Worten Töne gibt, jeder findet sich wieder, in der in sich ruhenden Dissonanz. Das darauf folgende „Insensatez“ war selten so intensiv. Die Melodielinie wird voll ausgekostet, die Harfe erschöpft sich in dem Gefühlssturm hinter der im Text geschilderten kalten Fassade eines Menschen, der eine Liebeserklärung still zurückweisen muss. Man hält die Luft an bis der letzte Ton verhallt ist.

Nach der Pause startet das Trio mit vollem Optimismus ins zweite Set. Da gibt es flirrende Arpeggien, abrupte, Akkordeinwürfe, transparente und zugleich virtuose Schlagzeugsoli und Heitor Villa-Lobos, wie man ihn noch nie gehört hat, Cristina Braga eine Urgewalt an Lebensfreude. Zum Schluss – geschickter könnte man eine Zugabe kaum wählen – das vielleicht unfreiwillige Charakterstück Jobims: The Girl from Ipanema. „Und wir haben noch eine CD“, sagt Braga. Aber darauf hätte sie nicht mehr hinweisen müssen. Das Publikum rannte ihr nach dem Abend nämlich förmlich die Bude ein.