Cornelius Claudio Kreusch & Johannes Tonio Kreusch | 31.01.2003

Neuburger Rundschau | Guido Heineck
 

An visionären Künstlern gleich welcher Gattung scheiden sich oft die Geister: Man mag sie oder man mag sie eben nicht. Und vielleicht lag es genau daran, dass beim Konzert der Kreusch-Brüder Cornelius Claudio und Johannes Tonio einige Plätze im Birdland Jazzclub leer blieben. Allerdings ist damit manch einem die spannende Momentaufnahme einer musikalischen Erkundungsreise entgangen, die kaum Tiefen, aber viele Höhen hatte.

Mit „Two World’s One“ präsentierte der vielfach ausgezeichnete Solo-Pianist, Produzent und neuerdings auch Label-Eigner CC Kreusch gemeinsam mit seinem Bruder Johannes Tonio, ein in der Klassik gleichfalls gerühmter Gitarrist, und dem mit allen polyrhythmischen Wassern gewaschenen Perkussionisten Jamey Haddad ein Projekt an der Schnittstelle zwischen komponierter und improvisierter Musik.
Und vom ersten Augenblick an spürt man, dass diese drei Suchende sind: Ihre Musik ist nur selten gefällig, besonders im ersten Set mehr Sound als Melodie. Sie erfordert Konzentration, fast schon Hingabe. Ruhepausen, wie etwa in Form des Gitarren-Solostücks „Kamala“, werden dem Publikum kaum gegönnt. Mal Duo, mal Trio, Metren und Tempi werden hin und her geschoben, die Saiten der Gitarre, klanglich an eine afrikanische Kora erinnernd, mit Büroklammern verfremdet, und auch die Oberschenkel Haddads, der bisweilen trommelt, als habe er vier Arme und Beine, treten als Instrument hinzu.
Das Bösendorfer schließlich wird im groove-betonteren zweiten Set von CC Kreusch mehr perkussiv als pianistisch genutzt: Mit der linken Hand die Saiten abdämpfend, hämmert die rechte mal um mal Ostinato-Figuren ins tiefe Register, um dann doch in unglaublicher Geschwindigkeit durch alle Lagen zu fliegen. Jarrett-haft wird beschwörend Schraube um Schraube nach oben gedreht, atemlose Arpeggien der Gitarre lassen schwindlig zurück und die gegen den Strich getretene Hi-Hat dringt einem messerscharf ins Gemüt.
In solch hitzigen Momenten stürmen die Klangkaskaden drängend und pulsierend auf die Zuhörer ein, bevor die in Sekundenbruchteilen stattfindenden Wechsel sie in ein aus Obertönen gefärbtes Meer schwebender Ruhe eintauchen lassen. Wenn auch nicht alle dieser Sound-Spiralen stimmig aufgehen – die einzige kleine Schwäche dieses Abends –, so ist doch diese mit Leidenschaft gelebte und zelebrierte Musik aufwühlend und befriedend zugleich und wird zu recht lange in der Erinnerung nachhallen.