Claus Raible Trio, feat. Ed Thipgen | 29.10.2004

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Wenn Ed Thigpen Schlagzeug spielt, lohnt es sich, neben dem Genuss des feinen swings, den er hervorbringt, auf die Melodien zu hören, die er dem Drumset entlockt. Der sympathische Grandseigneur des modernen Jazzschlagzeugs, der die Trommeln vor jedem Gig mit äußerster Sorgfalt stimmt, gab im Birdland Jazzclub ein weiteres Konzert mit dem überaus hörenswerten Trio des Münchener Bebop-Pianisten Claus Raible. Die Aktualisierungen etlicher Standards und weniger bekannter Klassiker aus der Zeit des Bebop begeisterten das Publikum im einmal mehr ausverkauften Neuburger Jazzkeller.

Zum Abschluss einer rund 14-tägigen Europatournee nutzte das Claus Raible Trio mit „Mr. Taste“ Ed Thigpen die unvergleichliche Atmosphäre im Keller unter der Hofapotheke auch gleich, um eine neue CD aufzunehmen. So lässig Claus Raible im Sessel hängt, so hochkonzentriert spielt er mit seinem glasklaren Anschlag, seiner starken linken und beweglichen rechten Hand. „Wenn die Band richtig zusammen ist, dann kannst du dich einfach zurück lehnen“, erklärt er seine unorthodoxe Haltung am Flügel, den er mit brillanter Leichtigkeit und untrüglichem Gespür für Time und Phrasierung dem Bebop zueignet.

Elmo Hope, Dizzy Gillespie, Bud Powell oder Tadd Dameron sind die Gewährsleute, denen Raible sich verschrieben hat ohne im Retro zu verharren. Im Gegenteil: Der Münchener, der etliche Jahre in New York verbracht hat, bleibt zwar einerseits den Kompositionen sehr treu, spielt sie andererseits – ohne sich selbst profilheischend in den Vordergrund zu drängen – mit so frischer und erquicklicher Gegenwärtigkeit, als seien sie gerade dem Augenblick entsprungen. Höhepunkte des Abends: Thelonious Monks „Round About Midnight“ und „Well You Needn’t“! Selten wohl gelingt es, den Spirit einer Komposition so ehrlich zu tradieren und sie gleichzeitig in so eigenständiger und aufregender Weise ins Heute zu setzen. Dabei hat Raible mit Martin Zenker einen Bassisten zur Seite, der mit sicherer Basisarbeit für harmonische Struktur, Fülle und Halt sorgt. Nicht zuletzt Ed Thigpen ist es natürlich, der den Abend mit einem ums andere kleine Highlight krönt. Mit feinen filigranen, um so effektiveren Bewegungen lotet der 74jährige das Schlagzeug aus, erforscht den Klang der Trommeln und Becken, schöpft den ganzen Reichtum des Sets in melodiesicherem Spiel aus und erzeugt einen mitreißenden swing, der kultiviert und lebendig zugleich das Herz bewegt.