Claus Raible Trio | 31.01.2025

Neuburger Rundschau | Peter Abspacher
 

Der edle Bösendorfer-Flügel im Birdland Jazzclub hat genau 88 Tasten, wie es sich eben in der langen Tradition des Klavierbaus entwickelt hat. Viele Pianisten nutzen davon nur einen Teil, die untersten Tasten und die obersten haben bei einem normalen Konzertabend oft ein geruhsames Dasein. Bei Claus Raible ist das anders.

Der Piano-Großmeister aus München greift immer wieder auch auf die äußersten Töne zu, bei wilden Ritten über die komplette Tastatur und auch bei den lyrisch geprägten Klangbildern seiner Eigenkompositionen. Wenn Raible in Fahrt ist, dann mag einem in den Sinn kommen, er würde auch mit 100 Tasten noch jede Menge verrückter Dinge anstellen.

Der Mann aus der Champions-League der Jazz-Pianisten könnte den Abend locker auch als Solist bestreiten, und er könnte das Trio mit dem feinfühligen, hellwachen Schlagzeuger Xaver Hellmeier und dem unaufdringlichen Virtuosen Milos Colovic am Bass einfach dominieren. Aber gerade das ist nicht der Fall. Die drei Jazzer formen sich zu einer starken, mit Witz und Raffinesse musizierenden Einheit. Sie stellen einen suggestiven, satten Sound in das Kellergewölbe.

Der Spiritus Rektor sitzt schon am Klavier, aber die beiden anderen arbeiten ihm nicht nur auf hohem Niveau irgendwie zu. Charakteristisch für das Claus Raible Trio ist, dass es nur selten eine Abfolge von jeweils mit kurzem Szenenapplaus belohnten Soloeinlagen gibt. Statt dessen ist der unverwechselbare Stil dieser Combo, auch wenn alle drei voll in die Saiten, Tasten oder Becken und Trommeln greifen, fast kammermusikalisch durchsichtig und von einer gemeinsamen musikalischen Vorstellung getragen.

Das ist Trio auf einem Niveau, das man nicht zu oft erleben kann. Der Schlagzeuger macht nicht nur den Rhythmus, sondern produziert auf seinem Instrument verblüffend melodische und harmonische Elemente. Der Pianist lässt zwischen seinen emotionalen Ausflügen in die komplette Harmonielehre urplötzlich rein perkussive Akzente hören, die man eher vom Schlagzeug erwartet. Und der famos intonierende Bassist steuert dazu improvisatorische Eskapaden bei, die den Gesamtsound immer wieder veredeln. Wenn man so will, denkt jeder in diesem Trio nicht nur den Part der anderen mit, sondern spielt im Grunde auf allen drei Instrumenten.

Diese Art des Musizierens wird in Eigenkompositionen wie „Excenter“ oder „La villa orientale“ in einer frischen Leichtigkeit zelebriert. In anderen Stücken wie „Accellerando in blue“ kommt sie mit mehr Kraft und in einer gegen Ende überwältigenden Weise über die Rampe. Aber auch in solchen Momenten geht die Durchsichtigkeit nicht in der großen Emphase unter. Das alles ist harte, ehrliche Arbeit auf der Bühne, aber die Anstrengung ist nicht zu spüren. Aus solchem musikalischen Edelholz sind Konzerte geschnitzt, die im Gedächtnis bleiben.