Claus Koch & The Boperators | 28.01.2023

Donaukurier | Karl Leitner
 

Dexter Gordon (1923 – 1990) wird als der erste bedeutende Tenorsaxofonist des Hardbop gesehen und ist mit Sicherheit einer der Säulenheiligen des Jazz. Am 27. Februar würde er seinen 100. Geburtstag feiern. Dies übernehmen in memoriam im Neuburger Birdland Jazzclub Claus Koch & The Boperators, die die Musik des Abends bereits im Bandnamen tragen.

Es geht also um Bebop im Allgemeinen und Gordon im Besonderen, um dessen Kompositionen, um dessen Arrangements, Aufnahmen und Veröffentlichungen auch von Stücken, die er nicht geschrieben hat. Jede Menge Stoff für die vier Gratulanten im wieder einmal ausverkauften Club. Es beginnt mit „Rides Again“, geht über den Klassiker „Willow Weep For Me“ mit wunderbar warmem Saxofonsound zu „Ernie’s Tune“ als Beispiel für Gordon’s Nähe zu Hollywood und schließlich in der Zugabe zum eigentlich für die Big Band von Billy Eckstine und Earl Hines gedachten „Second Balcony Stomp“.
Jeder Musiker des Quartetts hat viele kleine und mindestens einen ganz großen Auftritt. Sie sind alle bestens bekannt im Birdland, von vielen Auftritten in unterschiedlichsten Besetzungen her, und jeder Einzelne ist hinsichtlich seiner Spielkultur über jeden Zweifel erhaben. Bassist Giorgos Antoniou brilliert als Solist anlässlich von „The Backbone“ aus der Feder von Butch Warren, dem Bassisten in Gordon’s Band, Schlagzeuger Xaver Hellmeier bearbeitet hingebungsvoll Felle und Becken bei „Soy Califa“ und der Pianist Claus Raible legt sich als Solist wie immer mächtig ins Zeug, liebend gerne auch quer und geht dabei völlig in den Stücken auf, was man auch an seiner entspannten Körperhaltung ablesen kann.

Entspannt. Das könnte das Stichwort sein für diesen Abend. Die Band besticht durch eine ungemein souveräne Lockerheit, durch eine gewisse Coolness, die nicht „gespielt“ ist, sondern Ausdruck der Selbstverständlichkeit, mit der das Werk Gordon’s und die Gestaltungskraft der vier Musiker verschmelzen. Dass diese Entspanntheit trotzdem einhergeht mit einem Höchstmaß an Konzentration und Stringenz, steht dabei ebenso außer Frage wie die Tatsache, dass hier bei aller Routine auch genügend Raum für Spontaneität und überraschende Momente bleibt.

Claus Koch ist ein Überzeugungstäter, wenn es um Bebop geht. Er hat die Stilistiken bedeutender Tenorsaxofonisten wie Lester Young, Hank Mobley und Sonny Rollins studiert und ist zudem ein einfallsreicher Laudator. Immerhin hat er mit Spezialprogrammen dieser Art auch schon Thelonious Monk und Dizzy Gillespie zu deren 100-Jährigem gratuliert. Also ist er genau der Richtige für diesen Anlass im Birdland, das an diesem Abend mit völlig unverstärkten Instrumenten tatsächlich an die einstigen berühmten Clubs in New York, das Blue Note, das Village Vanguard oder eben das Birdland erinnert. Nur der Zigarettenqualm fehlt. Und nach dem Konzert spiegeln sich die Lichter der Stadt in den Pfützen und man geht oder fährt – den passenden Soundtrack noch im Ohr – über menschenleere Straßen nach Hause. Klischee? – Natürlich. Aber manchmal funktioniert es eben. Auch in Neuburg.