Clark Terry Quintet | 20.05.2000

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Mit Clark Terry präsentierte der Birdland Jazzclub einen der letzten noch aktiven musikalischen Zeitzeugen aus der großen Zeit des Swing. Und es war ein Erlebnis, das man auch im verwöhnten Neuburg so bald nicht vergessen wir.

Clark Terry bot eine vergnügt swingende Show, von deren Unterhaltungswert sich so mancher jüngere diverse Scheiben abschneiden könnte. In unnachahmlich relaxter Manier sitzt er auf der Bühne und strahlt entspannte Konzentration aus, wie sie wohl nur dem gegeben ist, dessen Gelassenheit auf Erfahrung ruht und auf dem Bewußtsein, den eigenen Weg gefunden zu haben. Kleine Showeffekte gehören dazu, etwa wenn das Flügelhorn umgedreht und die Ventile von unten betätigt werden. Aber Terry überschreitet bei allem Sinn für´s Entertainment nie die Grenze zur belanglosen Unterhaltung, er bleibt immer bei der Sache, beim Jazz. Und den beherrscht er mit einer überraschend gegenwärtigen Authentizität. Er verharrt keineswegs im bequem gewordenen Idiom, sondern tummelt sich überall, wo diesseits des Free Jazz improvi sierte Musik stattfindet. So manchem Standard wird da frischer Wind um die Ohren geblasen: „Jumpin at the Woodside“, „Blue and Boogie“, „Little Darling“ oder der „One O´Clock Stomp“. Daß der Rap keine Erfindung der jungen Generation ist, stellt Clark Terry so ganz nebenbei auch noch unter Beweis mit seinen Mumbles, einem ganz eigentümlichen Sprechgesang, der auf den Lautmalereien des Bebop fußt. Höhepunkt des Abends war eine spontane Improvisation über die Sprachmelodie zweier deutscher Worte: „Herr Ober“. Mit geistreichem Witz und ohne irgendwelche Peinlichkeit bläst Clark Terry über diesen simplen und alltäglichen Ruf, den er vom Publikum immer wieder wiederholen läßt, einen Blues, der sich mit allen Wassern gewaschen hat.

Die handverlesene Band mit dem flüssig und lyrisch agierenden Pianisten Don Friedman, dem eloquenten und inspirierten Altsaxophonisten Dave Glaser, dem feingliedrigen Bassisten Marcus McLaurine und der kraftvoll groovenden Sylvia Cuenca trug das ihre bei zum Gelingen eines herausragenden Konzertabends. Das Publikum im wiederum ausverkauften Keller unter der Hofapotheke feierte das Clark Terry Quintet mit enthusiastischem Applaus. Und wer den Auftritt im Birdland verpaßt hat, sei auf einen beizeiten erscheinenden Tonträger vertröstet: Das Konzert wurde aufgezeichnet und wird im Herbst auf CD erscheinen.