Christophe Marguet’s „Constellation“ | 19.05.2012

Neuburger Rundschau | Christian Wurm
 

In der Ansage für den Bayerischen Rundfunk, der das Konzert aufzeichnete, brachte es Ssirius Pakzad
auf den Punkt: „Nicht nur in München sondern auch im Birdland Jazz Club spielt heute die Champions League“. Und diesen Vorschusslorbeeren wurde Christophe Marguet mit seiner Constellation vollends gerecht.
Das neu zusammengestellte Sextett des Drummers Christophe Marguet lässt gewissermaßen das Projekt der französich-amerikanischen Zusammenarbeit der achtziger Jahre wieder aufleben und versieht es mit neuen und zeitgemäßen Zutaten. Für diese stehen vor allem Benjamin Moussay an Piano und Fender Rhodes und Régis Huby an der Elektro-Tenorvioline. Zu Fender Rhodes und Violine werden auch noch verschiedene Effektgeräte eingesetzt, was aber mit Bedacht und mit dem Gesamtklangbild dienender Ausgewogenheit geschieht. Und sowohl dieser spezifische Klangkosmos als auch die ausgezeichneten Kompositionen von Marguet sind aufregend neu und stets auf der Höhe der Zeit. Hierzu trägt im Besonderen natürlich auch der amerikanische Teil der Band mit bei. So da wären die beiden großartigen Bläser Cuong Vu an der Trompete und Chris Cheek am Tenorsaxophon. Und last but not least der „Altmeister“ und Birdland-Stammgast am Bass Steve Swallow.

Man könnte die klar strukturierten Eigenkompositionen des Bandleaders als suitenhafte, epische Hörspiele zwischen Modern Jazz, Avantgarde und moderner Klassik bezeichnen. Eine mögliche Beschreibung des Stils wäre vielleicht „Symphonic Módern Jazz. Stellvertretend hierfür sei das Stück „D’en Haut“ genannt, das gespenstisch mit einem Geigen/Piano-Intro a-la „Die Vögel“ beginnt und sich zu einem regelrechten Gewittersturm entwickelt. Dabei bleiben aber die melodiebestimmten Strukturen, meist durch die Bläser bestimmt, erhalten.
Auch das lyrische, balladeske „Argiroupoli“, das Elemente der modernen Klassik enthält, ist einer der Höhepunkte des Konzertes. Und gerade beim Solo entfaltet die tiefer gestimmte E-Geige von Régis Huby seinen individuellen, teilweise an ein Cello erinnernden, Klang.
Das experimentellste und zugleich „jazzigste“ Stück ist „Old Road“ bei dem es mächtig zur Sache geht. Das Fender Rhodes setzt modern-funkige Akkorde und die Bläser feuern spitze, kochend-heiße Salven ab, während im Zwischenteil Drums und verfremdete Geige einen expressionistischen Dialog miteinander führen.
Als perfekter Schluss dieses großartigen Konzertes erweist sich die einzige Fremdkomposition „After The Rain“ von John Coltrane. In ruhig-wiegenden, fast hypnotisch interpretierten Rhythmus klingt es wie das perfekte moderne Wiegenlied.
-Ein Konzert der speziellen Art, zuhören, genießen, staunen-