Charly Böck Latin Projekt | 04.05.2013

Neuburger Rundschau | Barbara Sagel
 

Es sind ja eigentlich immer solche Kleinigkeiten, die einen wirklich in die Musik hineinziehen. Der Ingolstädter Percussionist Charly Böck trommelt auf seinen Kongas, die Aufmerksamkeit der zahlreich anwesenden Zuschauer im Birdland richtet sich auf die Bühne des Jazzclubs, der Zuhörer im Zuschauer ist noch abwartend, wie sich das Ganze wohl entwickeln wird – und – der Bassist, Manolo Diaz, zieht eine Saite seines E-Basses, ein dumpfer, knackiger Sound – goiing – steht kurz im Raum – aahh, das Konzert beginnt. Der Groove verdichtet sich, die gesamte Band steigt ein, anfangs noch ein kleines bisschen lose, später zunehmend tight, die Bläser zunehmend knackig, „Jive Samba“ von Cannonball Adderley ebnet den Weg, ja er schiebt das Publikum in die Welt von Charly Böcks „Latin Project“, in der es einen Abend im unwiderstehlichen Sog von afrokubanischen, afrobrasilianischen und karibischen Rhythmen, verschiedensten Ausprägungen und Unterarten des Samba und des Son verbringt. Gute Laune vorprogrammiert. Und das liegt natürlich nicht nur an den attraktiven Stücken und Rhythmen, es liegt selbstverständlich auch und vor allem an den spannenden Arrangements, an der kreativen und einnehmenden Interpretation durch die sechs Mitglieder des Latin Projects, die weitgehend in Ingolstadt und München beheimatet sind. Die wechselnden Instrumente der Bläser erweitern zudem noch das klangliche Spektrum der Gruppe. Christoph Hörmann präsentiert Themen und attraktive Soli mit größter Geläufigkeit weitgehend auf dem Tenorsaxophon, greift aber zwischendurch zum Sopran. Harald Kuhn, der seinem Kollegen in Versiertheit und Ideenreichtum in nichts nachsteht, legt die Trompete bisweilen für den warmen Klang des Flügelhorns und manchmal auch den der Posaune beiseite. „Over The Rainbow“ als einzige Ballade des Abends, gibt beiden Bläsern die Gelegenheit, in abschließenden Kadenzen ihre musikalische Sensibilität in schönen Tönen und prägnanten Tonfolgen auszuspielen. Pianist Matthias Preißinger liefert nicht nur das romantische Intro amtlich ab, er ist immer in genau der richtigen Art und Weise, rhythmisch wie harmonisch, und immer sehr, sehr souverän dabei. Ein Eckpfeiler der Combo, dem Charly Böck an den Percussion-Instrumenten und Tom Diewock am Drumset gegenüberstehen. Dieses Rhythmus-Duo, das sich gegenseitig nicht übertönt sondern bereichernd ergänzt, sorgt für die Highlights des Abends, wenn es „latinmäßig“ los tobt, besondersrasant in „Flight to Jordan“. In diesem Stück steht endlich auch Bassist Manolo Diaz, der sein Instrument hier und da als rein perkussives „Rhtythm-Device“ einsetzt, mit einem sehr schönen Solo komplett im Vordergrund. Auch nach der Pause lässt die Combo in keiner Weise nach. Rumba-Clave und „Voodoo-Jazz“, beschauliche Einzelheiten, Urwaldgeräusche und perlende Piano-Passagen. „Black Night“ und „Morning“, rauschhafte Tutti. „Es muss wieder mehr Konga gespielt werden“, sagt Charly Böck – so halb ironisch – gegen Ende des vielbeklatschten Konzertes. Und ja, wahrscheinlich hat er Recht.